Das leitest du alles aus einem Blogpost ab, in dem es zu 90% um die juristische Auseinandersetzung zur Freigabe dieser Protokolle geht? Es geht doch überhaupt nicht hervor, was da konkret geschwärzt wurde - woraus du gleich mal "das Meiste" machst. Da steht es wurden mehr als tausend Passagen geschwärzt. Relevant wäre aber auch, wie viele Passagen eben nicht geschwärzt wurden.
Ironisch finde ich aber, wie du hier vor Kurzem noch den Meinungsjournalismus von SZ und Co. kritisierst und dir mehr "faktenbasierte" Berichterstattung wünschst, um nun zum Thema Corona ausgerechnet den Blog eines Verschwörungsideologen zu teilen und erklärst, wir seien alle verarscht worden. Der Mann behauptete u.a. in einem Buch, die Pandemie sei eine Inszenierung.
Und um zu wissen, dass während der Pandemie vieles politisch und nicht primär wissenschaftlich betrachtet und entschieden wurde, brauche ich im Übrigen diese Protokolle nicht. Dafür würde sogar das Studium des Corona-Threads im Brett ausreichen. Denn das war ein Kritikpunkt, der schon während der Pandemie oft diskutiert wurde. Ich für meinen Teil brauche keine Aufarbeitung, die Maßnahmen im Rückblick als falsch, übertrieben oder sonstwie kritisiert, ohne die damalige Situation einzubeziehen. So ein Fingerpointing ist aus heutiger Sicht natürlich leicht und man kann super die "AHA, die Querdenkenden hatten Recht!"-Karte spielen, was die Behauptung aber nicht richtiger macht. Ich wollte zur damaligen Zeit nicht in der Haut der Regierenden stecken. Es galt, Entscheidungen zu treffen, bei denen es um nicht weniger als Leben und Tod ging. Da verstehe ich, wenn man, gerade zu Beginn, noch deutlich konservativer unterwegs war und in manchem Bezug auf Nummer Sicher gegangen ist.
Wenn ich mich in Sachen Aufarbeitung nun auf jene verlassen soll, die während der Pandemie schon immer wussten, dass das alles falsch (oder im Falle Schreyer: inszeniert) war, dann ist das Ergebnis vorprogrammiert und ich persönlich verzichte darauf gerne. Ich bin als dreifach geimpfter, trotz mehrfacher Ankündigung solcher Leute, bis heute nicht Tod umgefallen, musste eine Weile meine Adresse im Café hinterlassen und mit Maske Bahn fahren. War alles nervig, kann man auch alles kritisch hinterfragen, wenn man möchte. Ich habe diese Entscheidungen allerdings damals mitgetragen und hielt sie für richtig. Daher werde aus heutiger Sicht nicht plötzlich die Leute dafür kritisieren, die sie in einer Ausnahmesituation zu treffen hatten.