Zu subtilerem Meinungsjournalismus:
Und der wichtige Teil dazu findet sich im gleichen Link:
"Die Süddeutsche Zeitung ist nicht verpflichtet, diese Missbilligungen zu veröffentlichen. Wir haben aber entschieden, dies zu tun, weil wir Wert legen auf Transparenz - auch wenn es um Kritik an unserer Berichterstattung geht."
Das ist es, was seriöse Medien von Hetzportalen wie NiUS unterscheidet: Der Umgang mit Fehlern und Kritik an der eigenen Berichterstattung. Die SZ veröffentlicht die Missbilligungen des Presserats und macht diese somit transparent. Reichelt hat Rügen zu seiner Zeit bei BILD wie Auszeichnungen behandelt (und mehr davon gesammelt als alle anderen Medien zusammen) und hat sich nun mit NiUS dem Presserat erst gar nicht mehr unterworfen.
Das Du natürlich durftest, haben leider auch Journalisten eher unsauber getan, obschon Zurückhaltung geboten war:
Bisher sind das "nur" Beschwerden. Ob ein Verfahren eingeleitet wird, entscheidet sich also noch. Grundsätzlich gehöre ich auch zu denjenigen, die Berichterstattung über Suizide oft kritisch sehen, da wissenschaftlich erwiesen ist, dass die Suizidrate nach entsprechender Berichterstattung ansteigt. Ich bin also in der Regel auch für Zurückhaltung. Nur ist es in solchen Fällen halt ein schmaler Grad. Wenn eine in der Öffentlichkeit stehende Person vermisst wird, gibt es erstmal ein öffentliches Interesse, darüber zu berichten. Und wenn dann ein solch konkreter Verdacht besteht, kann ich schon nachvollziehen, dass auch darüber dann aufklärend berichtet wird. Nur muss das natürlich mit der nötigen Umsicht geschehen. Ob das im vorliegenden Fall immer so gehandhabt wurde, kann ich nicht sagen, da ich nicht alle Berichte kenne. In der Regel muss aber z.B. ein Hinweis veröffentlicht werden, der sich an Menschen mit suizidalen Gedanken richtet (so wie er z.B. auch in deinem zweiten Link enthalten ist). Ob das also "unsauber" war, ist noch zu klären. Die Berichte, die ich kenne, sprachen jedenfalls nicht davon, dass sie sich das Leben genommen habe (also als Fakt), sondern, dass dies angenommen/befürchtet werden muss. Das kann man, dabei bleibe ich, bei der zu der Zeit bestehenden und quellenbasierten Informationslage so berichten.
Wirklich neutral faktisch ist Journalismus heute leider selten.
Natürlich ist Berichterstattung oft von Meinung beeinflusst. Das ist, bis zu einem gewissen Grad, denke ich auch normal. Zumindest solange diese Meinung sich auch mit Fakten deckt und auf seriösen Quellen basiert. Jetzt hast du ein Beispiel gebracht, in dem die SZ zweimal offenbar nicht faktenbasiert berichtete und dies im Anschluss für die eigenen Leser:innen auch transparent machte. Für mich ist das ehrlich gesagt ein Positivbeispiel, denn fehlerfrei kann man bei derart viel Output schwerlich agieren, auch wenn man vieles dafür tut. Es geht um den eigenen Umgang damit.
Portale wie NiUS verbreiten aber ganz bewusst Desinformation und stumpfe Hetze. Das ist deren einziges Geschäftsmodell. Einem wie Reichelt geht es ausschließlich darum, nicht das zu berichten was ist, sondern was die eigene, pöbelnde Zielgruppe gerne lesen möchte. Er liefern einfach nur Vorlagen, ein Richtig oder Falsch spielt keinerlei Rolle. Und für so jemanden verbietet sich jeder Vergleich mit seriös arbeitenden Redaktionen, selbst wenn diese nicht immer fehlerfrei berichten.