Ich verfalle jetzt nicht in Schnappatmung, wenn gefühlt von jeder Seite bestätigt wird, dass wir auch in diesem Jahr erneut Transvererlöse erzielen müssen. Aber mir geht es inzwischen dermaßen auf die Nüsse, dass der Verein dies immer mit einem pandemiebedingten Umsatzverlust begründet. Seit Beginn der Pandemie lässt sich der FC nicht mehr in die Karten schauen und hält die Bilanzen bewusst zurück, weshalb selbst Finanzexperten nur grobe Schätzungen abgeben könnten.
Wir mussten unsere Kreditlinie erhöhen, eine Landesbürgschaft aufnehmen, Kurzarbeit eingeführt, Sponsoring forfaitieren und haben Mezzanine-Kredite aufgenommen um unsere Liquidität nicht zu gefährden. Ich verstehe die Notwendigkeit und die Belastung für die kommenden Jahre in denen wir deshalb "den Gürtel enger schnallen müssen".
Man darf allerdings nicht vergessen, dass der FC immerhin in der Saison 19/20 sowie 20/21 die Klasse halten konnte und nun auf wundersame Weise sogar die Chance hat, sich für Europa zu qualifizieren. Insofern haben sich beim FC die Einnahmen aus den Vermarktungsrechten seit dem Abstieg stabilisiert und steigern sich in diesem Jahr vermutlich sogar um 10 mio €. Dies ist fast eine Verdopplung vom Zweitligajahr 17/18 mit 24,7 mio € zu 47,6 mio € wobei zurecht angemerkt wird, dass wir die Hertha noch überholen, die mit ca 50,2 mio € aus den Geldtöpfen bedacht werden.
Auch und vor allem der letzte Abstieg hat uns die viel zitierte Substanz gekostet. Das hat den Verein bzw. unsere Kaderplaner aber nie daran gehindert, groß auf dem Transfermarkt aktiv zu werden und Spieler mit Verträgen auszustatten, die teilweise erst jetzt auslaufen und unseren Kaderetat entlasten. Darüber redet inzwischen aber niemand mehr gerne, weil dies ja in die Kategorie Eigenverschulden fällt, während man bei Corona ja die höhere Gewalt vorschieben kann.
Von jeder Seite wird auf die ausgebliebenen Zuschauereinnahmen verwiesen - ja, es ist sicher nicht unter dem Tisch zu kehren, dass wir in der Saison 19/20 5 Heimspiele , in der Saison 20/21 17+1 und in dieser Saison (wegen Teilauslastung) grob 8+1 Spiele ohne Zuschauereinnahmen gespielt haben. Diese 32 Spiele * 1,8 mio € bedeuten fehlende Einnahmen von ca. 60 mio €. Dass wir seit Pandemie - Beginn aber auch 50% Pachtreduzierung und 15% Betriebskostenreduzierung der Stadt erhalten haben (was für die gesamte Zeit ca 9 mio € sind), die Mannschaft für die Saison 19/20 auf 20% Gehälter verzichtet hat (ca 4,6 mio €), in der Saison 20/21 zumindest noch 15% (aufgrund fehlender Zahlen ausgehend vom Vorjahres Personalaufwand ca 10,5 mio €) und vermutlich auch in diesem Jahr zumindest Gesprächsbereit war, wird aber nur noch selten erwähnt.
Ich will mich jetzt auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da wir seit 24 Monaten wirklich nur noch sehr vage Zahlen erfahren, aber wenn der Verein eben ständig auf diese fehlenden Spieltags - Einnahmen verweist, dann gehört zum anderen Teil der Wahrheit aber auch, dass es im Kostenapparat ebenso Einsparungen gab.
Welche Faktoren fallen für unsere Einnahmen noch ins Gewicht?
- Werbung -> ist vermutlich auch bei der o.g. Anzahl an Geisterspielen eingebrochen, aber in einem wirklich eklatantem Maße? Ich denke nicht, da in den Medien doch häufig darüber berichtet wurde, wie unsere Sponsoren auch in diesen heiklen Zeiten zu uns stehen, auslaufende Verträge direkt verlängert haben bzw. wir lukrativere Deals eingehen konnten.
- Transfers -> mit Nachwirkungen aufgrund der Achterbahnfahrt (Europaleague / Direktabstieg / Wiederaufstieg +der damalige Modeste Deal über 2 Jahre) schwierig zu betrachten, aber wenn ich mal zurück bis 16/17 auf Transfermarkt.de schaue, so haben wir kumuliert in den 6 Saisons unter dem Strich noch immer ein Plus von ca. 14,6 mio € an Transfereinnahmen gehabt. Flops und Deals gab es auch vor Corona schon und haben sich beim FC zumindest in der Waage gehalten. Jetzt kann man natürlich diskutieren, ob wir inmitten des 1. Lockdowns und der langfristigen Problematik sehenden Auges wirklich noch einen Limnios verpflichten mussten, aber ich will jetzt nicht auf 2-3 fragwürdige Transfers herumreiten.
- Merchandising -> Also nehmt es mir nicht übel, aber wenn es eine verrückte Ansammlung an Menschen gibt, dann in unserem Verein. Leider finde ich keine Zahlen, ob das Merchandising eingebrochen ist, aber wenn ich allein an die zahlreichen DK - Inhaber denke (nehme diesen Faktor mal in dieser Rubrik auf - laut JHV Niederschrift wurde auf 8,6 mio € verzichtet), die auf Erstattung zugunsten eines Trikots oder sonstigen Sachleistungen verzichtet haben oder sich trotz Geisterspielen mit den saisonaktuellen Trikots eingedeckt haben, so fällt es mir schwer zu glauben, dass wir in dieser Sparte wirklich einen negativen Corona-Effekt verspürt haben.
Wenn ich mir auf der Ausgabenseite besonders unsere Verträge und die Gehaltsstruktur anschaue, so kann man diese vielleicht in folgende Gruppen bündeln:
- unteres Gehaltsgefüge:
- Vor Corona - Verträge: gibt es keine
- Mit Corona - Verträge: Mit Jan Thielmann, Tim Lemperle, Marvin Obuz und Matthias Köbbing4 Spieler aus der eigenen Jugend, die sich nicht schlecht machen und/oder den Kader in der Breite kostengünstig besetzen. Zudem mit Bright Arrey-Mbi, Julian Chabot 2 Perspektiv - Leihen für die Kaderbreite, die jetzt nicht die problematischen Kostenfaktoren sein dürften.
- mittleres Gehaltsgefüge:
- Vor Corona - Verträge: mit Kingsley Ehizibue, Kingsley Schindler & Niklas Hauptmann noch 3 Spieler mit Verträgen ausgestattet, die vielleicht etwas zu hoch dotiert
sind für die Corona Pandemie, aber sicher auch nicht die Kostenfallen
sind, wegen denen es uns so schlecht geht. Wenn ich Niklas Hauptmann in
dieser Kategorie sehe, so ist er - ohne ihm persönlich was böses zu
wollen - das letzte Überbleibsel von Veh's Geldverbrennung.
- Mit Corona - Verträge: Von Spielern, die in der Corona Pandemie zu uns gestoßen
sind, haben sich mit Luca Kilian, Dejan Ljubicic, Timo Hübers, Marvin
Schwäbe inzwischen 4 Spieler zu Stammspielern entwickelt und ich sehe
hier keine Problematik, dass unser Gehaltsgefüge torpediert oder wir es uns schlichtweg nicht leisten können. Zudem haben mit Salih Özcan im letzten Sommer sowie Florian Kainz und Benno Schmitz in diesem Sommer schon 3 Spieler ihre Verträge zu corona-konformen Bezügen verlängert
- Leihspieler, die zurückkommen: Noah Katterbach und Dimitrios Limnios sind beide sicher auch eher im mittleren Gehaltsgefüge anzusiedeln.
- gehobenes Gehaltsgefüge:
- Vor Corona - Verträge: Timo Horn (zu teuer für Ersatztorhüter), Jonas Hector (gefühlt ist er doch jeden Cent wert, den wir ihm grade zahlen), Anthony Modeste (sicher der diskutabelste Vertrag), Ellyes Skhiri
- mit Corona - Verträge: Mark Uth fällt in diese Kategorie, sehe ich aber wenig problematisch, gemessen an der Leistung in dieser Saison. Das gleiche kann man über Sebastian Andersson & Ondrej Duda jedoch leider nicht behaupten. Diese beiden Spieler sind bei der langen Liste eigentlich die einzigen beiden Spieler, an denen man ein schlechtes Gehaltsgefüge festmachen könnte. Ohne jetzt in eine Hetze zu verfallen, sollte man aber die Frage stellen, ob es nicht in jedem Verein wenigstens 1-2 Spieler gibt, wo das Preis - / Leistungsverhältnis leider nicht so stimmt, wie man es gerne hätte?
- Die Abgänge noch am Rande erwähnt verlassen uns mit Jannes Horn und Louis Schaub sicher zwei Spieler mit Vor Corona - Verträgen, die wir uns nicht mehr leisten können und mit Tomas Ostrak zumindest ein Talent, welches zu selten Einsatzzeit erhalten hat, dies gibt uns sicher ein wenig Spielraum für ablösefreie Talente oder in der Verhandlung zur Vertragsverlängerung.
Zusammengefasst haben wir mit Timo Horn, Ondrej Duda und Sebastian Andersson 3 Spieler mit zu gut dotierten Verträgen gemessen an ihren Leistungen. Ein Timo Horn war bis vor kurzem allerdings noch Stammtorwart. Ein Ondrej Duda hat uns im letzten Jahr gefühlt allein in der Liga gehalten und allenfalls ein Sebastian Andersson war verletzungsbedingt einzig in der Relegation für uns wirklich wertvoll.
Genau hier setzt mein Unverständnis ein, denn zumindest seit dieser Transferperiode sehe ich unseren Kader nicht mehr übermäßig aufgebläht oder mit Spielern überfrachtet, die unseren Etat so dermaßen blockieren, dass wir Spieler in zweistelligen Millionenbeträgen verkaufen müssen um nicht Schiffbruch zu erleiden. Wenn wir in dieser heiklen Situation stecken, dann nicht, weil wir uns diesen Kader nicht leisten können, sondern weil wir allein vor Corona zu viele falsche Entscheidungen getroffen haben, über einem gesunden Maß gelebt haben, dies uns aber nicht eingestehhen wollten und in der Bilanz so tief vergraben haben, und die Corona - Krise als Vorwand vorschieben in der die Bundesliga im Gegensatz zu vielen anderen Branchen doch gefühlt durch die Pandemie hofiert wurde.
Wieviel ist in den vergangenen Jahren eigentlich beim FC falsch gelaufen, dass wir im Vergleich zu anderen Fußballvereinen auch in den kommenden Jahren Transfererlöse erzielen müssen um mal wieder eine gesunde Ausgangslage zu erreichen, auf der man etwas aufbauen kann???