Herzliche Glückwünsche, zum 80ten Geburtstag, alles Gute und weiterhin eine so formidable Gesundheit, lieber Wolfgang Overath.
Früher September 1967 und der 1.FC Köln spielt gegen Schalke 04. Knappe 40.000 Zuschauer in der alten Hauptkampfbahn.Köln schlägt Schalke vernichtend mit 7:0. Überragend ein Mittelfeldspieler im Dress des 1.FC Köln, der die Bälle und das Spiel an saugt wie ein Magnet. Nach dem Spiel sagt mein Vater:"Overath ist Weltklasse". Ich - ein kleiner Junge damals und von der Atmosphäre völlig gefangen - hatte das ganze Spiel und die Kunst eines Wolfgang Overath mit offenem Mund verfolgt.
1968 spielte die deutsche Nationalmannschaft gegen Brasilien in einem Freundschaftsspiel und gewann 1:0. Wolfgang Overath in der Dirigentenrolle und es gibt über dieses Spiel längere Sequenzen auf You tube. Overath zeigte in diesem Spiel alles, was ihn auszeichnete. Spielwitz, technisches Vermögen. Die Fähigkeit, ein Dirigent und Regisseur zu sein und den Sturm mit Zentimetergenauen 40, 50 Meter - Pässen zu füttern. Wettkampfhärte und Zweikampfstärke.
Der nationale Stern des Wolfgang Overath ging 1963 auf. Erstes Spiel, erstes Tor in der neuen Bundesliga. Deutscher Meister mit dem FC Köln. Der internationale Stern des Wolfgang Overath ging 1966 auf. Weltmeisterschaft in England und Vizeweltmeister. Overath spielte neben Beckenbauer und Haller im Mittelfeld und schon damals frappierend seine Fähigkeit sich von Spiel zu Spiel zu steigern und ein Turnierspieler zu sein. Eine Fähigkeit, die ihn 1970 zum besten Mittelfeldspieler des vielleicht besten Turniers der WM Geschichte machte. Overath war der beste in diesem Turnier und das trotz Konkurrenz wie Rivera und Mazzola, Rivelinho und Tostao, Beckenbauer und Gersson. Unvergessen seine Auftritte gegen England, gegen Italien, gegen Uruguay. 1974 wurde Overath Weltmeister, als eine der tragenden spielerischen Säulen des neuen Weltmeisters Deutschland.
Wolfgang Overath hatte eine Wettkampfhärte, die geradezu legendär war. Sein Ehrgeiz, seine Verbissenheit ein Spiel zu gewinnen manifestierten sich darin. Sein langjähriger Freund und Rivale Günter Netzer - auch eine Ikone des deutschen Fussballs - hat neidlos anerkannt, daß Overath ganz sicher der bessere Nationalspieler von den beiden war. Es drängt sich die Frage auf, warum Overath mit seinem Klub nicht die Erfolge feierte - ein deutscher Meistertitel und zwei Pokalsiege(plus 3 verlorene) waren der Person Overath nicht angemessen. Meine Antwort war stets: der FC in den 60ern und 70ern hat unter seinen Möglichkeiten agiert - und das lag nur im Ausnahmefall an Overath. Wenn alle diesen unbedingten Willen gehabt hätten, alles zu holen - dann hätten wir einige Titel mehr geholt. Gladbach hatte - auch dank Weisweiler - diesen Willen. Der impfte seinen Spielern das ein und sie folgten ihm - bedingungslos. Oder sie spielten eben nicht(selbst vor einem Günter Netzer machte Weisweiler nicht halt - Overath sollte später die Erfahrung machen). In Köln gab es - bis Weisweiler selber nach Köln kam - in den Jahren von 1966 - 1976 nicht einmal annähernd einen Mann vom Charisma, Fachkraft, diesem unbedingten Wollen wie Weisweiler. Overath ist - gemessen an nationalen Erfolgen - genau darüber gestolpert. Trotz Mitspielern wie Flohe, Weber, Cullmann, Löhr, Müller - um nur einige zu nennen.
Wolfgang Overath hat lange der Versuchung widerstanden, ein offizielles Amt für den 1.FC Köln zu übernehmen. Er hat es dann doch getan und - er wird es selber wissen - es hat nicht gut getan. Hinterher waren wir alle schlauer, aber Situationen muss man aus dem Moment, dem Hier und Jetzt begreifen: denn hinterher sind halt alle schlauer.
Overath hat eine Epoche geprägt. Beim 1.FC Köln, aber auch in der Nationalmannschaft. Einer der grössten deutschen Spieler aller Zeiten - das steht ausserhalb jeder Diskussion. Ich könnte Seiten lang über ihn schreiben, über die grossen Spiele die für den FC absolviert hat - aber das was ich geschrieben habe, das reicht hoffentlich um dem Leser einen Eindruck zu vermitteln, was Wolfgang Overath für ein fantastischer Spieler war.
Schön, daß er noch im hohen Alter kickt - auch das ein Ausdruck seines "Immer Wollens" und seiner Bereitschaft fit zu sein und sich fit zu halten. Er hat den Fussball geliebt, liebt ihn immer noch und der Fussball hat immer ihn geliebt. Und wir wollen - bei aller Fussballbegeisterung - nicht vergessen, daß Overath sich immer für gute Zwecke engagiert hat. Viele Kritiker haben selbst das in der harten Zeit um 2011 schlichtweg ausgeblendet und das war schlichtweg erbärmlich. Genauso erbärmlich, daß die Choreographie zu Ehren von 100 Jahren Müngersdorf ausgerechnet Wolfgang Overath und Toni Schumacher nicht würdigte. Ein Ausdruck von Revanchismus und schlechtem Geschmack feierte da - wieder einmal - fröhlichen(eben nicht) Urstand.
Lieber Wolfgang Overath, alles Gute nochmals. Danke für die grossartigen Erinnerungen, die ich auch und gerade dank Ihnen an diese heute geradezu Sagenumwobenen Zeiten habe. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute bei bester Gesundheit.
Ad multos annos
Listlos