Soll/Ist
So sehr ich deinem Beitrag inhaltlich zustimme, so wenig deckt er das Gesamtbild Löw ab. Ja, Fußball ist in letzter Konsequenz ein Ergebnissport. Und da konnte man Löw bereits vor dem Titel nichts vorwerfen. Sämtliche Qualifikationen hat er erfolgreich und teilweise mit Rekord absolviert. Bei den Turnieren standen wir immer im Halbfinale. Ob er sich dabei verzockt hat oder einfach die Tagesform nicht stimmte, finde ich fast unerheblich und würde Löw daraus nicht zwingend eine Vorhaltung machen.
Zum Kritiker Löws bin ich aber abseits der Ergebnisse geworden, Es war vielmehr der unsägliche Umgang in den Personalien Frings und Ballack, die mich erstmals aufhorchen ließen. Dazu kam die öffentliche Ohrfeige Podolskis gegenüber Ballack, die Löw seinerzeit mehr oder weniger - nach einem Rüffel - durchgehen ließ. Der Kapitän der deutschen N11 wurde von einem Mitspieler öffentlich geohrfeigt und es folgt keine Konsequenz. Jene Konsequenz wandte Löw dann aber bei Kuranyi, der sich von der Tribüne nach Hause entfernte, gnadenlos an. Diese ungleichen Maßstäbe habe ich nie verstanden.
Dazu kamen dann Personalien wie Kruse oder Kießling, die einfach Tropfen für Tropfen das Fass voll werden ließen. Über jede davon kann man Pro und Contra abwägen und herzhaft diskutieren. In meinen Augen ist Löw aber ein Trainer, der keineswegs fair in seiner Politik agiert, der damit jedwede Transparenz zerstört (was darf ich mir als N11-Spieler erlauben und was nicht?) und der vom reinen Leistungsprinzip hin und wieder abweicht - und dann offenbar nicht einmal den Mut hat, das den betroffenen Spielern selbst mitzuteilen.
Man mag Löw jetzt als Trainergenie hinstellen. Er hat sich den Titel und damit das Lob verdient. Ich persönlich sähe ihn aber lieber heute als morgen seinen Rücktritt einreichen. Denn dass er neben den von dir bereits im taktischen Bereich beseitigten Mängeln nun auch jene in der Personalführung überdenkt, sehe ich noch nicht.