@ Millhouse.
Danke für deine ausführliche Ausführung. Du übersiehst meiner Meinung nach aber wesentliche Punkte:
1. Deine ersten Untersuchungen bezüglich des von dir ausgeführten Strafsystems sind inzwischen recht alt. So schnell wie sich die Gesellschaft in den letzten 20-30 Jahren entwickelt hat kannst du 60,70,100 Jahre alte Untersuchungen (1. Hälfte des letzen Jahrhunderts) nicht mehr analog auf die heutige Zeit mit heutigen Verhältnissen anwenden. Dazu sind die Gesellschaften, die Standards (beispielsweise der Standard eines heutigen Gefängnisses im Gegensatz zu damals) usw. zu weit fortgeschritten.
2. Du sagst, dass viele Länder in den 90ern und 2000ern diese Studien gemacht haben. Ich weiß nicht ob die BRD da mitgemacht hat. Allerdings kann man schwer von anderen Ländern, wo bis heute ein wesentlich strikteres Rechtsverständnis herrscht) auf unser, recht "umgängliches" Rechtsverständnis schließen. Es mag sein, dass überhartes Bestrafen eine negative Auswirkung auf den Täter hat (was natürlich auch immer auf die gesamte Struktur im Staat ankommt (Ein Beispiel ist Indonesien, wo zum Teil eine lebenslange Haftstrafe, bis hin zur Todesstrafe für den Besitz, das Handeln etc. von Drogen ausgesprochen wird. Warum machen es trotzdem so viele? Weil diese Leute da nichts zu verlieren haben und es ihnen ansonsten auch nicht besser gehen würde. Die Strafen sind vielleicht unverhältnismäßig, zeigen aber, dass sich ein Vergleich zu Deutschland verbietet)). Wenn man so argumentiert, dann ist es mMn. aus logischer Sicht auch schlüssig, dass zu lasches bestrafen eben auch keine gute Wirkung auf die Täter hat, bzw. den Respekt vor unseren Normen und Gesetzen nimmt.
Um mal auf der theoretischen Schiene zu bleiben: Du sagtest sinngemäß, dass man wisse was NICHT funktioniert. Wie kann man das mit solcher Sicherheit sagen, wenn sich selbst die Größen im Strafrecht uneins über die Thematik sind. Ein Prof schrie nach härteren Strafen, nach noch offenerem Notwehrrecht, mehr Freiheiten für die Polizei, während ein anderer Prof gebetsmühlenartig predigte, man müsse überall Milde walten lassen, beim Mord solle man das Merkmal der Heimtücke herausstreichen weil ja kein Mensch wirklich heimtückisch wäre und die Täter durch möglichst milde Strafen automatisch auf den rechten Weg gelangen werden. Theorien sind nun einmal Theorien, ob sie anwendbar sind, das steht auf einem anderen Blatt.
Vergleich das doch mal mit der Schule: Wo hat man am meisten gelernt? Bei den Lehrern, die eine natürliche Autorität hatten (Die mussten gar nicht mal so streng sein), die die Grenzen aufgezeigt haben, zur Not auch mal bestraft haben, die gerecht benotet haben, die sich auch durchsetzen konnten, umgekehrt aber auch mal einen Spaß mitgemacht haben.
Wenn man Lehrer hatte, die sich selbst so schwammig, ohne klare Linie, ohne Durchsetzungsvermögen inszeniert haben, dann waren die für die Schüler ein gefundenes Fressen. Man hat geschwätzt, keine Hausaufgaben gemacht usw. Es gab ja sowieso keine Strafen.
Das sag ich als jemand, dessen Abi noch nicht so lange her ist. Der Lehrer ist nun einmal nicht mehr diese Respektsperson von früher und muss sich immer aufs Neue beweisen.
Genau so sieht es doch in der Realität, fernab von Schreibtischen, aus. In der Theorie klingt alles immer so einfach, man hebt den Zeigefinger und alle kommen zu sich und sind rehabilitiert. So ist es aber nicht. Es gibt Leute, die wollen sich nicht benehmen, haben keinen Respekt (hier vor dem Staat). Da muss man dann auch einfach klare Kante fahren und denen zeigen, dass es hier so nicht geht und wenn die Höchststrafe ausgesprochen werden muss dann ist das so. Es muss klar aufgezeigt werden, wer das Sagen hat.
Als Jurist kennst du vielleicht den Fall des hamburger Kneipenwirts und seiner Frau, die von Jugendlichen und jungen Erwachsenen Berlinern (ich glaube das waren alles Libanesen) in ihrer eigenen Wohnung fast tot geprügelt (unter Einsatz von Waffen, u.A. mindestens einer Pistole) wurden. Und weswegen? Die Jungs haben den Tipp bekommen, dass man dort eine halbe Mio erbeuten könnte. Es waren zwar nur 30.000 Euro (meine ich), trotzdem wurde wie von Sinnen auf diese Leute eingeprügelt. Vier Täter wurden erwischt, der jüngste (ich meine 17) hat sich selbst gestellt. Der Jüngste war ein Intensivtäter, der einen eigenen Staatsanwalt für sich zugeteilt bekommen hat. Ich meine, der hatte bis dahin über 90 Anzeigen. Was bekam er? 3 Jahre und 2 Monate. Tut mir leid, da kann mir niemand erzählen, dass das ausreichend, bzw. verhältnismäßig ist.
Ich sehe das immer so, dass der Staat das Gewaltmonopol hat und wir eben Dieses u.A. mit unseren Steuergeldern finanzieren (müssen). Dann ist der Staat uns Bürgern aber auch in der Bringschuld um unsere Sicherheit bestmöglich zu gewährleisten. Und das schafft man nicht immer mit Milde. Vor allem nicht bei Leuten, die anscheinend nur darauf aus sind Chaos hervor zu rufen, wie diese G20-Krawallos oder der Kerl dessen Artikel oben gepostet wurde noch sonst wem.
Wie kann es sein, dass man immer wieder von Superlativen an Steuereinnahmen liest, bei der Polizei Stellen abgebaut werden und unsere Gelder in jeden Schwachsinn hinein fließen? Wie kann es sein, dass es in der BRD Kriminelle Klans, rechtsfreie Gebiete, Drogenumschlagplätze neben Polizeistationen, bürgerkrigesähnliche Zustände bei Demonstrationen gibt, man dagegen nicht richtig vorgehen kann (weil man sich selbst die Hände verbindet) und man überall nur Diskussionen hört, was die Polizei falsch gemacht hat und weswegen man Milde walten lassen sollte? Wie kann es sein, dass monetäre Verbrechen inzwischen oftmals höher bestraft werden als humanitäre Verbrechen?
Niemand schreit hier nach unterdrückenden und diktatorischen Maßnahmen. Allerdings ist es nicht zu viel verlangt, wenn man mal Straftäter zur Rechenschaft gezogen haben möchte und zwar so, dass es denen weh tut und nicht nur ein müdes Lächeln hervor ruft.
Die Verhältnismäßigkeiten stimmen über haupt nicht mehr überein. Da kann die Theorie noch so schön klingen. Sie hat leider inzwischen wenig mit der Praxis zu tun.