Gestern habe ich den Fernseher eingeschaltet und Roger Federer
gegen Rafa Nadal im Endspiel der Australian Open angeschaut.
Gegen Ende des Endspieles hatte ich schweissnasse Finger, so
spannend, so gut, so voller Drama war dieses Spiel.
Roger Federer, der 35-jährige Schweizer, feierte bei den Australian
Open sein Combeback. Fünf Monate Verletzungspause hatte er
hinter sich und der grosse Magier des weissen Sports kam als
Nummer 17(!!) der Setzliste. Niemand hatte ihn wirklich auf der
Rechnung.
Raffael Nadal, der 30 -jährige Spanier, war grosse Teile des letzten
Jahres verletzt und war erst gegen Ende des letzten Jahres langsam
in Schwung gekommen. Und so kam der ehemals fitteste Spieler der
Tour nur als Nummer 9 der Setzliste - und auch ihn hatte niemand wirklich auf der Rechnung.
Dann standen sie also auf dem Centercourt in Melbourne und für einen Moment schien die Zeit noch einmal still zu stehen. Federer
gegen Nadal, das gab es auch schon vor 10 Jahren. Federer gegen
Nadal ist einer der grossen, legendären Zweikämpfe des Sports -
nicht nur des Tennis. Der leichtfüssige Schweizer, bei dem alles
so unfassbar leicht wirkt, der tänzelt wie ein Cruisergewichtler in der 2ten Runde. Der kraftvolle Spanier, bei dem alles so unglaub-
lich dynamisch aussieht, der seine läuferischen Möglichkeiten,seine
Schnelligkeit manchmal bei Usain Bolt entliehen zu haben scheint.
Federer begann stärker und gewann den ersten Satz. Er sah gut aus,
der Schweizer und es war überraschend wie dann das Match in Satz
2 kippte. Nadal mit unwiderstehlichen Aktionen und mit diesem
Laufvermögen, das an das Ausserirdische grenzt - selbst bei aus-
sichtslosen Bällen fand er die richtigen Antworten.
Nach Satz 2 war man versucht zu sagen: Gutes Spiel, Roger - aber
du wirst gegen diese Urgewalt dann doch unterliegen. Und dann
kam Satz 3 und Roger Federer spielte wie von einem anderen Stern
und nahm Rafael Nadal komplett auseinander. 6:1 war das Ergebnis
und Nadal muss sich vorgekommen sein wie der sprichwörtliche
Tennisschüler, der vom Tennislehrer mal gezeigt bekommt wie dieses Spiel denn wirklich funktioniert. Nach diesem dritten
Durchgang war kein Pfifferling mehr auf Nadal zu setzen.
Das Spiel nahm die nächste unerwartete Wendung. Nadal verbiss sich in sein Spiel und er zwang Roger Federer in die Ecke. Wo
vorher die Netzattacken erfolgreich waren, da kam Federer jetzt
erst gar nicht ans Netz oder wurde gnadenlos ausgekontert. Und
Federer sah nicht mehr aus wie der Magier des weissen Sports, sondern wie ein 35-jähriger Mann, der verzweifelt versucht in
sein Spiel zurück zu finden.
Satz 5 und jetzt sieht wieder alles nach einem Sieg von Nadal aus,
zumal dem Spanier ein frühes Break gelingt. Es steht 1:3 und
Federer verkürzt bei seinem Aufschlag auf 2:3. Was dann in den
nächsten 4 Spielen passiert, habe ich auf einem Tennisplatz noch
nie gesehen und werde es vermutlich auch nicht mehr sehen.
Roger Federer erspielt sich eine wahre Kaskade von Breakbällen und er tut dieses mit einer Bravour und einem Mut, der den ganz
Grossen des Sports vorbehalten ist. Seine Vorhandbälle kommen mit
klinischer Präzision, seine Raumaufteilung bringt auch einen Nadal
in nöchste Not und seine einarmige Rückhand bringt Nadal zum
Verzweifeln. Break zum 3:3 und Federer bringt seinen Aufschlag
zum 4:3 durch. Und beim nächsten Aufschlagspiel von Nadal ist
alles gleich wie beim vorherigen - Federer bestimmt den Rhythmus,
der Returnspieler. Er stellt sich bei Aufschlag Nadal ins Feld und
treibt einer der besten Defensivspieler aller Zeiten komplett in
die Bredouille und schafft das erneute Break - 5:3.
Bei seinem letzten Aufschlagsspiel erhöht sich das Drama und zum
guten Schluss spielt Roger Federer einen fantastischen Vorhandball
exkat auf die Seitenlinie des Feldes und Nadal nimmt die Challenge,
aber der Ball wird bestätigt. Roger Federer gewinnt die Australian
Open.
Bei der Siegerehrung kommt es zu bemerkenswerten Reden und
Gesten von Sieger und Besiegtem. Federer setzt dem ganzen die
Krone auf, als er sagt, daß - wissend um die Tatsache, daß es so
etwas im Tennis eben nicht gibt - er liebend gerne ein Remis mit
Nadal für dieses Spiel genommen hätte.
In der Tat wäre das nicht das schlechteste Ergebnis gewesen, auch
der Spanier hatte eine formidable Leistung gebracht. Aber das
Federer gewonnen hat, war gerecht. Nicht, daß er es mehr gewollt
hätte(man kann Nadals Siegeswillen nicht übertreffen, nur egalisie-
ren), aber er war der Spieler, der permanent in das Risiko ging.
73 Winner hatte Federer und 35 Winner hatte Nadal. Bei den so
genannten "Force errors" lagen die beiden nahezu gleichauf.
Wer das Spiel verpasst hat, der hat etwas verpasst. Denn es war
eine historisches Spiel zweier Tennislegenden, deren Spielkunst,
Dynamik, Eleganz und Kraft wirklich verzauberte und in den
Bann riss. Und Roger Federer ist jetzt wirklich der grösste
Tennisspieler, den diese Welt je gesehen hat.