Der Politik-Thread

  • Sehr guter Punkt. In der Tat sollte man genauer klären, was eigentlich an Sanktionen heute möglich bzw vorgesehen ist. Da gab es ja immer wieder mal Änderungen. Evtl gibt es ja gar kein Regelungsproblem, sondern ein Anwendungsproblem, das von Behörde zu Behörde und Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter sehr unterschiedlich ausfallen kann.

    Ich möchte noch einmal die Option hinzustellen, dass wir vielleicht auch gar kein Problem haben – zumindest keines, das wir unter sinnvollem Ressourceneinsatz lösen können.

    Dazu hier ein Artikel aus dem August, den ich im folgenden gerne zusammenfasse https://www.swr.de/swraktuell/bad…rer-bw-100.html

    Laut Artikel haben wir aktuell grob 5,5 Millionen Bürgergeldempfänger bei uns im Land. Die meisten davon erhalten Bürgergeld, weil sie:

    • Belegbar langzeiterkrankt sind
    • Betreuungsverpflichtungen haben (z. B. Kinder aufziehen oder Verwandte pflegen)
    • Eine Aus- oder Weiterbildung machen
    • Einen Niedriglohnjob haben, bei dem aufgestockt werden muss
    • Kinder sind

    Das sind nun erstmal die Gründe, warum man Bürgergeld empfängt. Jetzt schauen wir uns mal ein paar Gruppen in Zahlen an. Von den 5,5 Millionen ziehen wir zunächst mal die folgenden Gruppen ab, weil sie schlichtweg nicht arbeiten können:

    • Kinder unter 15 Jahren (ca. 1,5 Mio.)
    • Bereits Erwerbstätige (s. Niedriglohnjobs oben)
    • Menschen in Weiterbildung (Ausbildung, Studium etc.)
    • Menschen, die Kinder erziehen oder Verwandte pflegen (und dafür natürlich keine Alternative haben)

    Dann bleiben 1,7 Mio. Bürgergeldempfänger übrig. Was vielleicht auffällt: Es gibt ja auch noch andere gute Gründe, warum man nicht arbeiten kann. Z. B. eine langfristige Erkrankung oder eine Schwerbehinderung. Dazu liefert der Artikel leider keine konkreten Zahlen, außer dass diese auch in den 1,7 Mio. enthalten sind, die nach Abzug der Punkte oben übrig bleiben. Was der Artikel allerdings sagt: bei vielen dieser 1,7 Mio. gibt es auch „Vermittlungshemmnisse“, wie z. B. eine fehlende Ausbildung, ein hohes Alter nah an der Rente oder eben besagte Schwerbehinderungen.

    Jetzt würden wir diesen 1,7 Mio. Menschen also gerne ganz schnell einen Job geben. Also schauen wir doch mal, welche Jobs es gerade gibt und sehen: Ups, es gibt scheinbar nur 0,7 Mio. offene Stellen (https://de.statista.com/statistik/date…arbeitsstellen/).

    Das heißt, selbst wenn alle offenen Jobs gut genug zum Profil der Bürgergeldempfänger passen, dann können wir aktuell ca. 1 Mio. Menschen schlichtweg strukturell nicht in Arbeit vermitteln, weil diese einfach nicht angeboten wird.

    Und jetzt schauen wir auf die Zahl der Totalverweigerer. Die liegt laut dem Artikel bei - Trommelwirbel - 16.000 Menschen. Um es einfacher, mit den obenstehenden Zahlen, rechenbar zu machen: Das sind 0,016 Mio. Und die werden heute natürlich schon sanktioniert, sonst wären sie ja statistisch nicht erfasst.

    Und jetzt stelle ich einmal die Frage in den Raum: Lohnt es sich mehr, die 1,7 Millionen „vermittelbaren“ Arbeitslosen (die weniger als 50 % der Bürgergeldempfänger ausmachen) durch härtere Sanktionen in einen Arbeitsmarkt mit 0,7 Mio. freien Stellen zu drängen

    ODER

    Sollten wir als Gesellschaft Zeit und Aufwand darein investieren:

    • Dass möglichst wenige Erwerbstätige mit Bürgergeld aufstocken müssen
    • Dass Menschen nicht für Kindererziehung und Pflege ins Bürgergeld gehen müssen, weil es dafür sinnvolle und bezahlbare Alternativen geht
    • Dass weniger Menschen krank werden
    • Dass es allgemein mehr Jobs gibt, auf die sich Bürgergeldempfänger bewerben können
  • Sehr guter Beitrag

  • 1. Alles , was du hinter dem oder schreibst ist richtig und wichtig. Daran muss gearbeitet werden. Aber warum postulierst du hier ein oder? Man muss Anreize schaffen bzw fördern UND Missbrauch verhindern.

    2. Es geht nicht nur darum, diese Leute zum Arbeiten zu bringen oder zu bestrafen, sondern viel wichtiger ist die Wirkung, die so einin Missbrauch nach aussen hat. Wenn nämlich eine hart arbeitende Bevölkerung den Eindruck hat, da legen sich ein paar in die Hängematten und leben auf deren Kosten. Und zwar ganz okay, wenn sie dann auch noch ein bisschen schwarz dazuverdienen. Dabei spielt es erstmal keine große Rolle, ob das viele oder nicht ganz so viele sind , so lange die Größe wahrnehmbar ist, was sie ja offensichtlich ist.

    3. Das Problem, daß es nicht genug offene Stellen gibt, kann ich dir leicht lösen. Es gibt genug gemeinnützige Arbeit, die heute liegen bleibt, zu der es überhaupt keine offene Stellenausschreibungen gibt, für die man arbeitsfähige Bürgergeldempfanger einsetzen könnte.

  • Dabei spielt es erstmal keine große Rolle, ob das viele oder nicht ganz so viele sind , so lange die Größe wahrnehmbar ist, was sie ja offensichtlich ist.

    Was genau heißt "wahrnehmbar" in dem Zusammenhang? Wie nimmt man die Größe denn genau wahr?

    In dem Punkt hieße wahrnehmbar für mich persönlich, dass ich einen spürbaren Nachteil erleide. Ich gehe arbeiten, jemand anders tut es bewusst nicht, und dadurch werde ich in irgendeiner Weise beeinträchtigt. Das nur als unfair zu betrachten stellt in meinen Augen keine Beeinträchtigung meines Lebens dar. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass, wenn alle Verweigerer ab morgen keinen Cent mehr bekämen, ich auch nur einen Euro weniger Sozialabgaben leisten müsste. Finanziell wäre ich also schon mal nicht betroffen. Und wenn der fröhliche Verweigerer von nebenan täglich mehrfach mit dem Hund bei mir vorbeiläuft und dabei sein Wegbier zum Gruß in Richtung meines Bürofenster erhebt, dann mag ich mich darüber aufregen. Nur wenn der ab morgen arbeiten ginge, liefe mein eigenes Leben völlig unverändert weiter. Wie schon erwähnt wurde, halte auch ich den Austausch über solche Extrembeispiele im Übrigen für wenig erkenntnisreich.

    Ich halte das in erster Linie für eine Debatte auf Kosten derer, die ohnehin in unserer Gesellschaft am schlechtesten gestellt sind. Finanziell sowieso, aber auch in der gesellschaftlichen Stellung. Menschen, die Sozialhilfe beziehen, werden seit jeher als faule Schmarotzer geframed. Der überwältigende Teil derer, die Bürgergeld beziehen, dürfte sich persönlich wohl etwas anderes wünschen. Nämlich einer so entlohnten Arbeit nachgehen zu können, dass der Bezug von Bürgergeld nicht mehr nötig ist. Und die wenigen, die das Kollektiv wirklich ausnutzen, hast du in ausnahmslos jeder Gesellschaft. Ich persönlich habe nichts davon, wenn man diesen Menschen ihre Bezüge streicht und sie in eine Arbeit zwingt, der sie nicht nachgehen wollen. Im Gegenteil. Ich möchte niemanden zum Kollegen haben, der gar keinen Bock auf einen Job hat, was sich vermutlich auch in dessen Leistung und Motivation widerspiegelt.

    Ich werde nie verstehen, warum dieses Thema von vielen derart priorisiert wird. Gesellschaftlich brächten andere Dinge uns entschieden weiter, als uns alljährlich an einem Promilleanteil der Bevölkerung abzuarbeiten. Persönlich sehe ich immer die Politiker:innen bei dem Thema ganz weit vorne, die andere Inhalte gänzlich vermissen lassen.

    Das alles ist im Übrigen meine ganz persönliche Meinung dazu. Bevor es gleich heißt, ich spräche jemanden irgendetwas ab.

    MattEagle‘s Kumpel: „Jedes Mal, wenn ich vom Klo komme, stehen 70 Kölsch auf dem Tisch!“

  • 1. Alles , was du hinter dem oder schreibst ist richtig und wichtig. Daran muss gearbeitet werden. Aber warum postulierst du hier ein oder? Man muss Anreize schaffen bzw fördern UND Missbrauch verhindern.

    Lies bitte noch einmal genau nach. Ich sage nie, dass Missbrauch nicht verhindert werden muss. Ich spreche in meinem Posting davon, dass Menschen durch Sanktionen in die Arbeit gedrängt werden sollen. Diese Sanktionen werden der Erfahrung nach nicht nur die Totalverweigerer treffen, sondern eben alle Betroffenen. Und für die Totalverweigerer gibt es bereits nicht gerade unempfindliche Sanktionen.

    Davon ab ist der öffentliche Diskurs und die Lösungen, die darin vorkommen, selten auf die Totalverweigerer gezielt, sondern betreffen fast immer den Großteil, wenn nicht alle Bürgergeldempfänger. Da werden im Diskurs natürlich nur die schlimmsten Fälle hervorgekramt, um dann aber zu Maßnahmen zu greifen, die auch bemühte und willige Arbeitslose betreffen würden.

    2. Es geht nicht nur darum, diese Leute zum Arbeiten zu bringen oder zu bestrafen, sondern viel wichtiger ist die Wirkung, die so einin Missbrauch nach aussen hat. Wenn nämlich eine hart arbeitende Bevölkerung den Eindruck hat, da legen sich ein paar in die Hängematten und leben auf deren Kosten. Und zwar ganz okay, wenn sie dann auch noch ein bisschen schwarz dazuverdienen. Dabei spielt es erstmal keine große Rolle, ob das viele oder nicht ganz so viele sind , so lange die Größe wahrnehmbar ist, was sie ja offensichtlich ist.

    Nur damit ich das richtig verstehe: Das Problem ist primär die Wirkung auf die arbeitende Bevölkerung? Es geht also um Symbolpolitik, damit die arbeitende Bevölkerung sich besser fühlen kann? Wenn Arbeitslose nicht wahrnehmbar wären, dann wäre das Thema auch nichtig? Dann würde ich als Maßnahme vielleicht vorschlagen, dass wir das Thema einfach nicht mehr besprechen. Das hätte nämlich unmittelbar den größten und schnellsten Einfluss auf die Wahrnehmung und die Wut der Menschen. Also einfach Deckel drauf und das Problem ist gelöst. :partying_face:

  • Ich werde nie verstehen, warum dieses Thema von vielen derart priorisiert wird. Gesellschaftlich brächten andere Dinge uns entschieden weiter, als uns alljährlich an einem Promilleanteil der Bevölkerung abzuarbeiten.

    Das meinte ich im Übrigen gestern mit dem Begriff der Scheindebatte. Wir lassen uns hier über etwas aus, dessen Auswirkungen verglichen mit andern zu lösenden Problemen eher marginal sein dürften, und eher der Befriedung eines emotionalen Bedürfnisses dient.

    Ähnlich wie Grenzkontrollen. Da werden ein paar Gartenpavillons an ein paar Grenzübergänge gestellt, jeder hundertste auffällig aussehende LKW wird überprüft, aber der Erfolg (in Form der Verhinderung illegaler Migration) dürfte in keinem Verhältnis stehen. Stattdessen wird der Verkehr inkl. für die Wirtschaft wichtigem Güterverkehr komplett ausgebremst, die Bundespolizei noch weiter eingespannt.

    Die Mieten sinken nicht, wir haben nicht plötzlich mehr Fachkräfte und Kita-Plätze, und das Leben der Menschen im Land dürfte sich kein Stück ändern durch solche Aktionen. Da werden eher Emotionen angesprochen.

  • 1. Lies bitte noch einmal genau nach. Ich sage nie, dass Missbrauch nicht verhindert werden muss. Ich spreche in meinem Posting davon, dass Menschen durch Sanktionen in die Arbeit gedrängt werden sollen. Diese Sanktionen werden der Erfahrung nach nicht nur die Totalverweigerer treffen, sondern eben alle Betroffenen. Und für die Totalverweigerer gibt es bereits nicht gerade unempfindliche Sanktionen.

    2.Davon ab ist der öffentliche Diskurs und die Lösungen, die darin vorkommen, selten auf die Totalverweigerer gezielt, sondern betreffen fast immer den Großteil, wenn nicht alle Bürgergeldempfänger. Da werden im Diskurs natürlich nur die schlimmsten Fälle hervorgekramt, um dann aber zu Maßnahmen zu greifen, die auch bemühte und willige Arbeitslose betreffen würden.

    Nur damit ich das richtig verstehe: Das Problem ist primär die Wirkung auf die arbeitende Bevölkerung? Es geht also um Symbolpolitik, damit die arbeitende Bevölkerung sich besser fühlen kann? Wenn Arbeitslose nicht wahrnehmbar wären, dann wäre das Thema auch nichtig? Dann würde ich als Maßnahme vielleicht vorschlagen, dass wir das Thema einfach nicht mehr besprechen. Das hätte nämlich unmittelbar den größten und schnellsten Einfluss auf die Wahrnehmung und die Wut der Menschen. Also einfach Deckel drauf und das Problem ist gelöst. :partying_face:

    Zu Absatz 1. Du hast ein dickes fettes abgesetztes ODER verwendet. Ich weiss jetzt nicht, was daran falsch zu verstehen ist. Aber im okay. Wenn du nicht dagegen bist, dass Missbrauch verhindert und sanktioniert werden muss, ist ja alles paletti. Dann sind wir uns ja einig.

    Zu 2. Nein, das ist keinesfalls eine Symbolpolitik. Es geht darum, dass der Staat sicherstellt, dass kein Missbrauch auf Kosten der Gemeinschaft entsteht, es geht um Leistungsgerechtigkeit und -anreize etc. in deiner Logik wäre Terrorbekämpfung letztendlich auch nur Symbolpolitik, damit sich Leute besser fühlen, obwohl die Zahlen so gering sind, dass sich eigentlich keiner bedroht fühlen kann. Und nur weil wir etwas nicht besprechen, hört die Wahrnehmung eines Problems leider auch nicht auf. Da müsstest du in unserem Beispiel schon verhindern, das Knallfrosch aus dem Fenster schaut. Probleme totschweigen ist im Übrigen so ziemlich das Dümmste, was man in der Politik machen kann.

  • Was genau heißt "wahrnehmbar" in dem Zusammenhang? Wie nimmt man die Größe denn genau wahr?

    1. In dem Punkt hieße wahrnehmbar für mich persönlich, dass ich einen spürbaren Nachteil erleide. Ich gehe arbeiten, jemand anders tut es bewusst nicht, und dadurch werde ich in irgendeiner Weise beeinträchtigt. Das nur als unfair zu betrachten stellt in meinen Augen keine Beeinträchtigung meines Lebens dar. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass, wenn alle Verweigerer ab morgen keinen Cent mehr bekämen, ich auch nur einen Euro weniger Sozialabgaben leisten müsste. Finanziell wäre ich also schon mal nicht betroffen. Und wenn der fröhliche Verweigerer von nebenan täglich mehrfach mit dem Hund bei mir vorbeiläuft und dabei sein Wegbier zum Gruß in Richtung meines Bürofenster erhebt, dann mag ich mich darüber aufregen. Nur wenn der ab morgen arbeiten ginge, liefe mein eigenes Leben völlig unverändert weiter. Wie schon erwähnt wurde, halte auch ich den Austausch über solche Extrembeispiele im Übrigen für wenig erkenntnisreich.

    2. Ich halte das in erster Linie für eine Debatte auf Kosten derer, die ohnehin in unserer Gesellschaft am schlechtesten gestellt sind. Finanziell sowieso, aber auch in der gesellschaftlichen Stellung. Menschen, die Sozialhilfe beziehen, werden seit jeher als faule Schmarotzer geframed. Der überwältigende Teil derer, die Bürgergeld beziehen, dürfte sich persönlich wohl etwas anderes wünschen. Nämlich einer so entlohnten Arbeit nachgehen zu können, dass der Bezug von Bürgergeld nicht mehr nötig ist. Und die wenigen, die das Kollektiv wirklich ausnutzen, hast du in ausnahmslos jeder Gesellschaft. Ich persönlich habe nichts davon, wenn man diesen Menschen ihre Bezüge streicht und sie in eine Arbeit zwingt, der sie nicht nachgehen wollen. Im Gegenteil. Ich möchte niemanden zum Kollegen haben, der gar keinen Bock auf einen Job hat, was sich vermutlich auch in dessen Leistung und Motivation widerspiegelt.

    3. Ich werde nie verstehen, warum dieses Thema von vielen derart priorisiert wird. Gesellschaftlich brächten andere Dinge uns entschieden weiter, als uns alljährlich an einem Promilleanteil der Bevölkerung abzuarbeiten. Persönlich sehe ich immer die Politiker:innen bei dem Thema ganz weit vorne, die andere Inhalte gänzlich vermissen lassen.

    Das alles ist im Übrigen meine ganz persönliche Meinung dazu. Bevor es gleich heißt, ich spräche jemanden irgendetwas ab.

    1. Mit Wahrnehmbar meinte ich, dass ein relevanter Anteil der Bevölkerung etwas registriert und dies als Problem wahrnimmt.

    2. Nein, im Gegenteil. Es geht eher darum, diesen schwachen Teil vor falschen Anfeindungen und Vorurteilen zu schützen.

    3. Prioritäten setzt jeder für sich. Ich denke, du wirst nicht behaupten wollen, dass deine Prioritäten das Mass der Dinge für alle Menschen sind. Und was uns "gesellschaftlich weiterbringt" oder nicht hängt nun mal auch von diesen Prioritäten ab. Auch wenn diese von deinen persönlichen abweichen.

  • Was genau heißt "wahrnehmbar" in dem Zusammenhang? Wie nimmt man die Größe denn genau wahr?

    In dem Punkt hieße wahrnehmbar für mich persönlich, dass ich einen spürbaren Nachteil erleide. Ich gehe arbeiten, jemand anders tut es bewusst nicht, und dadurch werde ich in irgendeiner Weise beeinträchtigt. Das nur als unfair zu betrachten stellt in meinen Augen keine Beeinträchtigung meines Lebens dar. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass, wenn alle Verweigerer ab morgen keinen Cent mehr bekämen, ich auch nur einen Euro weniger Sozialabgaben leisten müsste. Finanziell wäre ich also schon mal nicht betroffen. Und wenn der fröhliche Verweigerer von nebenan täglich mehrfach mit dem Hund bei mir vorbeiläuft und dabei sein Wegbier zum Gruß in Richtung meines Bürofenster erhebt, dann mag ich mich darüber aufregen. Nur wenn der ab morgen arbeiten ginge, liefe mein eigenes Leben völlig unverändert weiter. Wie schon erwähnt wurde, halte auch ich den Austausch über solche Extrembeispiele im Übrigen für wenig erkenntnisreich.

    Ich halte das in erster Linie für eine Debatte auf Kosten derer, die ohnehin in unserer Gesellschaft am schlechtesten gestellt sind. Finanziell sowieso, aber auch in der gesellschaftlichen Stellung. Menschen, die Sozialhilfe beziehen, werden seit jeher als faule Schmarotzer geframed. Der überwältigende Teil derer, die Bürgergeld beziehen, dürfte sich persönlich wohl etwas anderes wünschen. Nämlich einer so entlohnten Arbeit nachgehen zu können, dass der Bezug von Bürgergeld nicht mehr nötig ist. Und die wenigen, die das Kollektiv wirklich ausnutzen, hast du in ausnahmslos jeder Gesellschaft. Ich persönlich habe nichts davon, wenn man diesen Menschen ihre Bezüge streicht und sie in eine Arbeit zwingt, der sie nicht nachgehen wollen. Im Gegenteil. Ich möchte niemanden zum Kollegen haben, der gar keinen Bock auf einen Job hat, was sich vermutlich auch in dessen Leistung und Motivation widerspiegelt.

    Ich werde nie verstehen, warum dieses Thema von vielen derart priorisiert wird. Gesellschaftlich brächten andere Dinge uns entschieden weiter, als uns alljährlich an einem Promilleanteil der Bevölkerung abzuarbeiten. Persönlich sehe ich immer die Politiker:innen bei dem Thema ganz weit vorne, die andere Inhalte gänzlich vermissen lassen.

    Das alles ist im Übrigen meine ganz persönliche Meinung dazu. Bevor es gleich heißt, ich spräche jemanden irgendetwas ab.

    ich liebe diesen Post.

    Lasst uns bitte Steuerbetrug und -verkürzung der Superreichen bekämpfen.

  • Ich liebe diesen Post.

    Lasst uns bitte Steuerbetrug und -verkürzung der Superreichen bekämpfen.

    Zusatz: Wir haben ein ernsthaftes Problem in der Gesellschaft, Mengen und Verhältnisse und Relevanz und Referenzen zu erkennen. Es muss kur etwas gross genug als Schlagzeile erscheinen und schon ist es ein Problem, dem mit grossem Eifer nachgegangen wird. Anekdotenwissen kommt obendrauf.

  • Zu Absatz 1. Du hast ein dickes fettes abgesetztes ODER verwendet. Ich weiss jetzt nicht, was daran falsch zu verstehen ist. Aber im okay. Wenn du nicht dagegen bist, dass Missbrauch verhindert und sanktioniert werden muss, ist ja alles paletti. Dann sind wir uns ja einig.

    Sehr gut. Ja, das besagte ODER stand nämlich zwischen den Optionen härtere Sanktionen die am Ende alle betreffen. Das ist eben ein kleiner aber feiner Unterschied, denn ich gehe nicht davon aus, dass alle auch Missbrauch betreiben. Missbrauch sollte natürlich so gut es sinnvoll geht ein Riegel vorgeschoben werden.

    Zu 2. Nein, das ist keinesfalls eine Symbolpolitik. Es geht darum, dass der Staat sicherstellt, dass kein Missbrauch auf Kosten der Gemeinschaft entsteht, es geht um Leistungsgerechtigkeit und -anreize etc. in deiner Logik wäre Terrorbekämpfung letztendlich auch nur Symbolpolitik, damit sich Leute besser fühlen, obwohl die Zahlen so gering sind, dass sich eigentlich keiner bedroht fühlen kann. Und nur weil wir etwas nicht besprechen, hört die Wahrnehmung eines Problems leider auch nicht auf. Da müsstest du in unserem Beispiel schon verhindern, das Knallfrosch aus dem Fenster schaut. Probleme totschweigen ist im Übrigen so ziemlich das Dümmste, was man in der Politik machen kann.

    Terrorbekämpfung ist natürlich keine Symbolpolitik. Da geht es darum, Menschenleben zu schützen. Das ist ein verdammt hohes Gut. Da sind wir uns hoffentlich einig. (Trotzdem kann man natürlich auch hier redlich darüber diskutieren, wie viel Aufwand sinnvoll betrieben werden muss.)

    Aber wenn Maßnahmen umgesetzt werden, die nur darauf abzielen, wie etwas wahrgenommen wird, aber nicht an das darunter liegende Problem herangehen, dann ist das natürlich Symbolpolitik.

    Zum Thema aus dem Fenster schauen haben ja schon einige hier dargestellt, wie das wahrgenommene Problem vielleicht gar keines ist. Hier nur ein paar Möglichkeiten, wie sich drei junge Menschen, die sich regelmäßig morgens ein Bierchen trinken, auch ohne Sozialbetrug darstellen lassen:

    • Sie sind Studenten
    • Sie arbeiten Nachtschichten
    • Sie haben geerbt

    Wir können alle nicht sagen, was es tatsächlich ist, das diesen Menschen diesen Lebensstil erlaubt. Aber man schaut auf sie halt aus der Linse „das sind bestimmt diese Bürgergeldbetrüger“, weil das Thema so groß diskutiert wird.

    Zum Thema Missbrauchsbekämpfung stimme ich Dir, wie gesagt, auch voll zu. Aber ich würde gerne da ansetzen, wo der Hebel am größten ist und unsere staatlichen Ressourcen sinnvoll einsetzen. Hier ein paar Beispiele, wo sich leistungsloses Einkommen auf dem Rücken der Gemeinschaft erschlichen wurde:

    • Der Cum/Ex Skandal (Schaden: geschätzte 10 Mrd. €)
    • Die Maskendeals diverser Politiker (Schaden: nicht beziffert)
    • Steuerhinterziehung (Schaden: geschätzte 100 Mrd. €)

    Um uns als Land solche Summen aus der Tasche zu schmarotzen, müssen die Bürgergeldempfänger nämlich ganz schön lange in der Hängematte liegen. Und ich finde es als arbeitender Teil der Bevölkerung eine ziemliche Schweinerei, dass sich irgendwelche Politiker Hunderttausende Euro einheimsen können, indem sie das in sie gesetzte Vertrauen der Wähler ausnutzen und Hinterzimmer-Deals zwischen Staat und privaten Firmen vermitteln, während ich hart für mein Geld schufte und auch noch dick Steuern drauf bezahle.

    Ich hab letztens übrigens einen Anzugträger auf der Straße gesehen. Das ist bestimmt einer dieser Finanzbetrüger. Warum reden wir nicht mehr darüber?

  • Ich liebe diesen Post.

    Lasst uns bitte Steuerbetrug und -verkürzung der Superreichen bekämpfen.

    Zusatz: Wir haben ein ernsthaftes Problem in der Gesellschaft, Mengen und Verhältnisse und Relevanz und Referenzen zu erkennen. Es muss kur etwas gross genug als Schlagzeile erscheinen und schon ist es ein Problem, dem mit grossem Eifer nachgegangen wird. Anekdotenwissen kommt obendrauf.

    Das ist genau der Punkt: "Wahrnehmbar" ist komplett entkoppelt von "tatsächlich ein Problem". Na dann viel Spaß bei der "Lösung".

  • Das ist genau der Punkt: "Wahrnehmbar" ist komplett entkoppelt von "tatsächlich ein Problem". Na dann viel Spaß bei der "Lösung".

    Nein. Ein Sachverhalt wird erst dann zu einem Problem, wenn es von Menschen als Problem wahrgenommen wird. Unterschiedliche Menschen finden unterschiedliche Dinge problematisch. Nur weil du etwas nicht problematisch findest, heißt das noch lange nicht, dass das alle so sehen müssen.

    Aber wenn Maßnahmen umgesetzt werden, die nur darauf abzielen, wie etwas wahrgenommen wird, aber nicht an das darunter liegende Problem herangehen, dann ist das natürlich Symbolpolitik?

    Sorry, das habe ich nie so gesagt. Natürlich muss das Problem gelöst werden, wenn es als solches wahrgenommen wird. Du warst es, der vorgeschlagen hat, nur an der Wahrnehmung herumzudoktorn, indem wir einfach nicht darüber sprechen.

  • Nein. Ein Sachverhalt wird erst dann zu einem Problem, wenn es von Menschen als Problem wahrgenommen wird. Unterschiedliche Menschen finden unterschiedliche Dinge problematisch. Nur weil du etwas nicht problematisch findest, heißt das noch lange nicht, dass das alle so sehen müssen.

    Wenn man es aus der Perspektive der Realpolitik betrachtet, dann gebe ich dir recht: Etwas muss als Problem wahrgenommen werden, um es bearbeiten zu müssen. Und sicherlich gibt es Dinge, bei denen diskussionswürdig ist, ob sie problematisch sind. Aber es gibt definitiv auch Dinge, die absolut problematisch sein können, ohne dass sie als solche wahrgenommen werden. Zum Beispiel haben wir früher Blei und Asbest benutzt und damit jede Menge Menschen krank gemacht. Man wusste es halt nicht besser. Aber man kann doch hoffentlich sagen, dass das ein objektiv existentes Problem war – auch und obwohl man nichts davon wusste. Denn ein Schaden entsteht ja unabhängig davon, ob so etwas als problematisch wahrgenommen wird.

    Sorry, das habe ich nie so gesagt. Natürlich muss das Problem gelöst werden, wenn es als solches wahrgenommen wird. Du warst es, der vorgeschlagen hat, nur an der Wahrnehmung herumzudoktorn, indem wir einfach nicht darüber sprechen.

    Na ja, der Vorschlag war halt eine Reaktion auf deine Definition eines Problems. Wenn Probleme nur dadurch zu Problemen werden, wenn jemand sie als problematisch wahrnimmt, dann könnte man durch einfaches Verdrängen paradiesische Zustände herstellen. Wenn Du mir zustimmst, dass man Probleme durch Ignorieren nicht lösen kann, dann scheinen sie aber eben doch irgendeine Verankerung in der Realität zu haben und nicht rein auf der Ebene der Wahrnehmung stattzufinden. Darauf möchte ich hinaus.

  • Nein. Ein Sachverhalt wird erst dann zu einem Problem, wenn es von Menschen als Problem wahrgenommen wird.

    Das ist fast eine philosophische Aussage.

    Ich sehe es problematisch, dass im wesentlich wenige Medien (vor allem die Bild) festlegen, was die Bevölkerung als Problem ansieht. Dann wird in der Politik viel an diesen Problemen herumgedoktert, die den "Pöbel" (in Anführungsstrichen, weil bewusst übertrieben) zufrieden stellen, während die tatsächlichen Probleme auf der Strecke bleiben.

    Weiterhin gibt es viele unterschwellige Probleme, bei denen man weiß, dass es jetzt noch funktioniert, aber irgendwann zusammenkrachen wird (Stichwort: Klimawandel; Rente), bei der die Politik lieber versucht, dass diese nicht als Problem wahrgenommen werden, als das man sie versucht zu lösen.

    Und deshalb finde ich es auch so wichtig, auch bei solchen Themen wie Sozialbetrug darüber zu reden, was Priorität haben sollte. In der Informatik z.B. versucht man beim Profiling, wenn es darum geht noch ein paar Prozentpunkte Performance aus einem Code herauszuholen, nicht irgendwo herumzudoktorn. Man fokussiert sich auf die Stellen, wo man am meisten Effekt erzielen kann.

    Nickname Change : Vorher Smiling_saidjin

    Einmal editiert, zuletzt von Keep_Smiling (10. Oktober 2024 um 22:56)

  • Es ist verblüffend, wie es immer wieder dazu kommt in diesem Thread, dass der Fokus immer, egal ob sie nun angesprochen werden oder nicht, auf diese 2 Index-Alkoholiker gelegt wird, statt auf wirkliche Milliarden-Summen an Gemeinwohlverkürzung zu fokussieren. Hier wurden dreistellige Milliardensummen genannt, aber problematisch sind genau die 3 jungen Leute mit Hund.

    Irgendwie kann ich das auch verstehen: Ist die zu berappende Summe relativ überschaubar, so wird Optimierungsbedarf wahrgenommen. Bei der großen Investition wird der eine oder andere Tausender dann doch in Kauf genommen, wenn der Traum vom Erwerb von diesem oder jenem nur in Erfüllung gehen kann.

    Was ich aber immer wieder prekär finden werde, das ist, wenn Menschen anderen ihresgleichen quasi nichts "gönnen" können wollen, noch dazu, wenn, wie Blauer Bock es so schön herausgearbeitet hat, es gar keinen Unterschied ausmacht, ob mit der Sanktionierung dieser die eigene Steuerlast sinkt. Und dann werden hier sogar eventuell noch Alkoholiker besprochen, die schon genug damit zu tun haben, ihre Pullen zu finanzieren und zu organisieren.

  • Da werden ein paar Gartenpavillons an ein paar Grenzübergänge gestellt, jeder hundertste auffällig aussehende LKW wird überprüft, aber der Erfolg (in Form der Verhinderung illegaler Migration) dürfte in keinem Verhältnis stehen. Stattdessen wird der Verkehr inkl. für die Wirtschaft wichtigem Güterverkehr komplett ausgebremst, die Bundespolizei noch weiter eingespannt.

    Die Mieten sinken nicht, wir haben nicht plötzlich mehr Fachkräfte und Kita-Plätze, und das Leben der Menschen im Land dürfte sich kein Stück ändern durch solche Aktionen. Da werden eher Emotionen angesprochen.

    Das habe ich mir gestern auch nochmal gedacht, als ich an einem solchen vorbei gefahren bin. Viel Stau, viele verärgerte Pendler, viele Polizisten, die keine Lust darauf haben. Und wenn es tatsächlich Schleuser über die Grenze schaffen wollen, fahren sie eher nicht Donnerstags nachmittags über die Autobahn.

    Da wird medial gehetzt, die größten "Brüller" aus der Politik fordern, dass da was gemacht werden muss.

    Und das schlimmste ist, dass die dann auch noch damit bestätigt werden und sagen: Hätten wir nicht so Druck gemacht, dann wäre hier nie was passiert.

    Um uns als Land solche Summen aus der Tasche zu schmarotzen, müssen die Bürgergeldempfänger nämlich ganz schön lange in der Hängematte liegen. Und ich finde es als arbeitender Teil der Bevölkerung eine ziemliche Schweinerei, dass sich irgendwelche Politiker Hunderttausende Euro einheimsen können, indem sie das in sie gesetzte Vertrauen der Wähler ausnutzen und Hinterzimmer-Deals zwischen Staat und privaten Firmen vermitteln, während ich hart für mein Geld schufte und auch noch dick Steuern drauf bezahle.

    Der Unterschied ist da ja auch, dass ein Bürgergeldempfänger dadurch ja auch nicht besonders reich wird, sondern einfach nur durch kommt.

    Irgendwelche Betrüger oder Manipulatoren , die Millionen am Fiskus vorbei führen oder sonst betrügen, schädigen da Gesamtwirtschaftlich viel mehr.

    Aber das steht nicht im Fokus, weil die sich dagegen wehren können.

    No one is born hating another person because of the colour of his skin, or his background, or his religion. People must learn to hate, and if they can learn to hate, they can be taught to love, for love comes more naturally to the human heart than its opposite.

  • Und was du zu den Grenzübertritten sagst, hat ja noch eine Meta-Ebene:

    WIR dürfen das. DÜRFEN Grenzen überqueren. Und die Legitimation gründet einzig aus dem Zufall, „deutsch“ geboren worden zu sein. Man hat versucht, mit einer (wedt-)europäischen Identität, Antwort auf 2 Weltkriege, darüber hinaud zu wachsen. In den Zehnerjahren spätestens der Rückschritt, die tatsächliche Bewegungsfreiheit von EU-Bürgern betreffend. Hohe Wartezeiten auf den Zugang zu sozialen Absicherungssrrukturen. Die Rechte dreht das Rad unterdessen weiter.

    Noch schlimmer ist es allerdings, sollte es ihr und BSW gelingen, Ds Westbindung zu erodieren. Dann wäre Europa Geschichte und RUS würde bis an Benelux und F heranreichen.

  • Laut Medienberichten könnte es in den kommenden Stunden bzw. spätestens innerhalb der nächsten Tage dazu kommen, dass Selenskyjs "Siegesplan" bekannt wird und sich die Verbündeten der Ukraine genauer dazu äußern, welche Rolle sie darin spielen.

    Ausgangspunkt ist die aktuelle Lage der Ukraine und der finanziellen und militärischen Hilfen, die oft kaum für längere Zeit ausreichen. Dazu ist die Zukunft ungewiss, insbesondere die US-Wahl könnte den Ukrainern das Genick brechen. Selenskyj strebt daher einen Frieden mit Russland an, der aber fair sein soll und der nicht zu Putins Bedingungen erfolgen darf. Dazu sind zwei Optionen möglich.

    Einerseits könnte die Ukraine weiterhin mit Geld und Waffen unterstützt werden sowie die Freigabe der Verbündeten erhalten, Langstreckenraketen auch gegen russisches Staatsgebiet einzusetzen. Andererseits wäre ein baldiger NATO-Beitritt der Ukraine denkbar, was die gesamte Kriegslage natürlich massiv beeinflussen würde.

    Selenskyj hat seinen Plan bereits in den USA vorgestellt und war innerhalb der letzten drei Tage in Europa unterwegs, um auch in Großbritannien, Italien, Frankreich und Deutschland dafür zu werben. Ich bin gespannt, was da für Details rauskommen und wie es dann weitergeht. Das jetzt könnte aber ein entscheidender Punkt für den Krieg sein. Das Ziel besteht immerhin darin, den Druck auf Russland derart zu erhöhen, dass auch Putin einem Frieden zustimmt, den er vorher nicht akzeptiert hätte.

    :hennes: Die Herausforderung "Bundesliga mit Köln" ist für einen Spieler etwas vom Größten. Köln ist ein Mythos. :FC: