Grundsätzlich bin ich ein absoluter ÖPNV-Freund (im Übrigen auch ein SPNV- und SPFV-Freund, aber das ist ein anderes Thema). Als ich noch eine BC100 hatte, bin ich weit über 50.000 km im Jahr im öffentlichen Verkehr gefahren und fand es natürlich geil, dass (da arbeitgeberfinanziert) der öffentliche Verkehr "kostenlos" war.
Allerdings fangen da für mich schon die Probleme an.
Der ÖPNV stößt in vielen Städten bereits jetzt an seine Kapazitätsgrenzen. Aus persönlicher Erfahrung kenne ich aktuell das Hamburger Umland, von meinem früheren Wohnort weiß ich, dass es im Rhein-Main-Gebiet nicht anders ist und das niedliche Kölner Straßenbahnsystem war schon in den 2000er Jahren überlastet (nicht umsonst diskutiert man Dreiteiler auf der Ost-West-Verbindung). Durch einen kostenlosen Nahverkehr würde auch eine Menge neuen Verkehrs induziert. Das meint nicht den Umstieg von PKW auf ÖV, sondern diejenigen Fahrten, die überhaupt nur gemacht werden, weil es günstig/kostenlos ist (Definition). Nicht zu vergessen, dass es auch einen Umstieg vom Fahrrad oder sogar vom zu Fuß gehen auf den ÖV geben würde.
Fast schon perfide finde ich, dass die Idee im Rahmen der Feinstaubbelastung kommt. Man will also Menschen, die derzeit die städtische Luft über Gebühr verpesten, nun eine Alternative auf Steuerzahlerkosten anbieten. Im Prinzip erhöht man das Delta PKW-Kosten vs. ÖPNV. Warum erhöht man das Delta nicht in die andere Richtung? London macht es vor: City-Maut. Oder Bern: keine (!) kostenlosen Parkplätze im Innenstadtbereich (und der Rest entsprechend teuer).
Man präsentiert hier eine schlecht durchdachte Idee mit miserablen Beispielen (Herrenberg?!) und ohne die Folgen zu bedenken (Kapazität, Finanzierung), nur um weiterhin die Autoindustrie zu hofieren. Dass es Qualität bräuchte (z.B. Schnellverbindungen, dichtere Takte) um die Menschen auf den ÖPNV zu verlagern (denn sonst hätte DriveNow ja keinen Erfolg und würde nicht den ÖPNV kannibalisieren), vergisst man völlig.
Ich kann nur hoffen, dass am Ende doch die Fahrverbote kommen und die Schaumschlägerei in dieser Sache ein Ende hat. Niemand (!) ist gezwungen, mit seiner Dieselschleuder durch städtisches Gebiet zu fahren.