Wie der Titel schon sagt, soll in diesem Thread der Versuch stattfinden, die vermutlich katastrophalsten 16 Spiele des FC (und die Saison dauert noch lange genug) zu analysieren und die Ursachen für den Verlauf zu finden.
Dazu sei jeder aufgerufen, der sich wirklich nüchtern und sachlich äußern will. Emotinoalisierte (verständlich, aber hier fehl am Platz) und polemische Beiträge können dagegen weiterhin in den unzähligen anderen Threads abgeladen werden.
Logischerweise ist alles im Folgenden Geschriebene meine persönliche Meinung. Deshalb spare ich mir so Phasen wie "meiner Meinung nach" oder "ich glaube, dass...".
Selten lässt sich eine Misere an nur einem Faktor festmachen, und das ist auch in unserer Situation so. Und bei einer so großen Misere sind es sogar entsprechend viele Negativeinflüsse, die zusammenkommen und uns ganze drei Punkte beschert haben.
Fitness:
Für nahezu alle Verantwortlichen im Verein stellte zu Beginn der Saison der Umgang mit der Europaliga ein absolutes Novum dar. Gerade im Bereich des Konditions-, Fitness und Regenerationstrainings stellten sich gänzlich neue Bedingungen ein.
Wie macht man es richtig? Viel Ausdauer bolzen, damit die Spieler die 6 Spiele mehr in kurzer Zeit bewältigen können? Oder mehr Regeneration einstreuen, damit die Erholung gewährleistet ist?
Scheinbar war die gefundene Lösung alles andere als optimal. Zu Beginn der Saison wirkte das Team, als habe es zuviel Kondition gebolzt und dabei viele andere Bereiche vernachlässigt. In einer so engen Liga führte das dann in engen Spielen zu den bekannten Ergebnissen, obwohl wir zu dem Zeitpunkt noch auf die meisten Stammspieler zurückgreifen konnten. Im Verlaufe der Saison häuften sich dann zunehmend Verletzungen, wenige Spieler mussten viele Einsätze absolvieren, wirk(t)en überspielt, Folge waren schwächere Leistungen und weitere Verletzungen.
Hier lief also sehr viel ziemlich falsch. Das Team um Stöger und Kugel hat hier nicht die richtigen Schlüsse gezogen und einen Grundstein für diese miserable Saison gelegt.
Sicherlich ein sehr wichtiger Faktor.
Verletzungen:
Inwiefern die mit der Fitness des Teams und der Mehrbelastung zusammenhängen, ist natürlich schwer nachzuvollziehen. Aber losgelöst davon kann man das wohl nicht betrachten.
Fakt ist aber, dass wir den größten Verletzungsstand der Liga haben und teilweise mit Rumpfkadern antreten mussten.
Ein weiterer gewichtiger Sargnagel.
Kader/Transferpolitik:
Der Verkauf von Modeste zu den kolportierten Zahlen war richtig, zumal er sein Blatt überreizt und den FC einmal zu oft unter Druck gesetzt hatte.
Klar war, dass ein neuer Zielspieler her musste und dazu einer, der Osako als HS Konkurrenz machen und die spielerische Qualität anheben könnte. Namen wurden zigfach gehandelt, am Ende kam Cordoba für einen absolut abartigen Preis. Sicherlich ein guter Mann, der durchaus was kann, aber wie mein Onkel (Mainz-Fan) so schön sagte: Der kämpft viel, aber weiß nicht, wo das Tor steht. Wie die meisten hatte ich in der Hinsicht auf eine Entwicklung gehofft, aber auch aufgrund von Verletzungen steht bei ihm die Null. Dazu kam eben keine spielerische Komponente für die Offensive, sodass wir weiter am Tropf von Osako und Leo hingen.
Im Zentrum wurde wohl entweder schneller mit Högers Rückkehr gerechnet, oder man hat tatsächlich komplett verschlafen, dass Lehmann seinen Zenti überschritten hat und unbedingt ernsthafte Konkurrenz für seine Position verpflichtet werden musste. Dazu kam natürlich auch noch die Verletzung von Hector.
Da man kaum so viele Verletzungen und Formtiefs vorhersehen konnte, war die sonstige Kaderpolitik (abgesehen von DM und HS) nicht mal grundverkehrt. Hoffnungsvolle Talente sind sicherlich die Antwort auf den Transferwahnsinn.
Insofern war die Transferpolitik sicherlich nicht optimal, aber unter anderen Voraussetzungen hätte dieser Kader locker die Klasse halten müssen. Andererseits hätten vielleicht auch nur 2 sinnvolle Transfers vieles auffangen können und in den sehr vielen engen Spielen möglicherweise das ein oder andere Mal den Unterschied ausgemacht. Aber das sind viele Konjunktive.
Spielerleistungen:
Am Ende sind es immer die Spieler, die die Leistungen auf dem Platz bringen müssen. Und da gab es in dieser Saison abseits aller anderen Faktoren so einige Fehlleistungen.
Ich spare mir auf die jungen Talente einzugehen. Das sind die ärmsten Säue, die in einer psychisch kaputten Mannschaft Dinge leisten sollen, die ihnen einfach (noch) nicht möglich sind.
Entscheiden waren die Lesitungsträger der letzten Saison. Hector war bis zu seiner Verletzung ein Schatten seiner selbst, Sörensen ein permanenter Unsicherheitsfaktor, Leo entweder verletzt oder übermotiviert und uneffektiv, Osako letzte Saison neben Mo der Mann der Saison an Harmlosigkeit kaum zu überbieten, Lehmann unsichtbar, Rausch überfordert mit nahezu allen Basics und Clemens...da fällt mir gar nix zu ein. Lediglich Horn, Heintz, Jojic (gelegentlich) und Maroh (wenn fit und aufgestellt) haben sowas wie Erstligatauglichkeit bewiesen.
Verletzungen, Fitness, Psyche hin und her - das war einfach von vielen zu wenig.
Pech:
Gerade in den ersten beiden Drittel der Saison hatten wir extrem viele knappe Spiele, die nahezu allesamt auch andersherum hätten ausgehen können. Hier eine Fehlentscheidung des Schiris, dort ein Verstolperer vor dem Tor, oft ein Gegentor durch die erste echte Chance des Gegners. Dazu die vielen Verletzungen (soweit wirklich Pech) und die Auswirkungen aus einem solchen Negativlauf.
Sicherlich kann man sich hinstellen und die gesamte Hinrunde mit den drei Punkten auf Pech schieben, aber zu sagen, dass das keine so große Rolle gespielt hat, wäre ein ebenso großer Blödsinn.
Trainer/Spielsystem:
Was soll man sagen? PS hat das gemacht, was er immer gemacht hat. Er hat in Ruhe mit dem Team gearbeitet, defensiv gut strukturiert und vorne eben auf die individuelle Stärke und Umschaltspiel gesetzt. Aber diese individuelle Stärke war einfach nicht (mehr) vorhanden, durch Verletzungen, Formtiefs und den Abgang von Mo. Und das Umschaltspiel funktioniert halt auch besser, wenn man mal ein beruhigende Führung im Rücken hat. Und wenn es mit diesem Restkader Alternativen gegeben hätte, dann hat Stöger sie nicht gefunden. Die Mannschaft hat auch zumeist mit dem Gegner mithalten können, wir haben fast nie wie ein Absteiger gespielt. Aber wenn man vorne so extrem harmlos ist, dann reicht es in der engen Liga einfach nicht.
Dazu kommt natürlich sein Anteil an der Fehlsteuerung bei der Konditionbildung. Wie viel Anteil er daran hat, ist letztlich schwer zu sagen, aber als Trainer ist er in der Hinsicht der verantwortliche Mann.
Querelen/Chaosfaktor:
Ich will hier gar nicht spekulieren, was genau intern gelaufen ist. Das werden wir vermutlich nie wirklich erfahren, weil jeder seine eigene Version verbreitet. Aber das Verhältnis zwischen Stöger und Schmaddi war in irgendeiner Form gestört. Und das wohl schon, als wir uns hier noch über Europa gefreut haben. Da hätte die Clubführung früher einschreiten müssen. Dazu kamen alles andere als souveräne Auftritte von Spinner, Schumacher und Wehrle in der Öffentlichkeit, die im Ansatz an alte Zeiten erinnerten. Aber zumindest verfügt diese Clubleitung über Selbstreflexion (im Gegensatz zu Overath und Co.).
Inwiefern das alles Auswirkungen auf das Team und dessen Leistungen aber auch auf die Kadergestaltung vor der Saison oder die Trainingssteuerung gehabt hat, ist für uns kaum nachvollziehbar - ohne Auswirkungen war es aber ganz sicher nicht.
Zuschauer/Fans:
Bis jetzt tatsächlich immer noch erstaunlich zurückhaltend im Stadion - Social-Media-Trolle zähle ich ohnehin nicht zu den Fans oder auch nur als irgendwie ernstnehmbar.
Das dürfte vor allem daran liegen, dass die Mannschaft meistens zumindest kämpferisch da war.
Vereinzelte Pfiffe gab es zwar, aber sicherlich nicht in der Form, dass es einen großen Einfluss auf die Psyche der Spieler haben dürfte.
Insgesamt reagiert die FC-Anhängerschaft absolut großartig und hätte sich eigentlich ein dauerhaftes Mitwirken des FC am Erstligabetrieb mehr als verdient.
Fazit:
Da kam einfach eine ganze Menge zusammen. Und nur wenn man all diese Faktoren zusammennimmt, lässt sich halbwegs erklären, warum wir drei und nicht solide 20+ Punkte auf dem Konto haben.
Ich will so eine Phase jedenfalls nicht nochmal erleben. Allerdings empfand ich den letzten Abstieg damals als hoffnungsloser, da wir unmittelbar vor dem Aus standen. Diesmal ist es einfach ein vollkommen überflüssiger und vermeidbarer Betriebsunfall, der uns aber nicht komplett aus der Bahn wirft. Das Fundament ist mittlerweile deutlich stabiler.