Der Politik-Thread

  • Deutschland alleine kann international nicht bestehen.
    Wir leben in globalisierten Zeiten und brauchen die EU so wie die EU uns braucht.
    Die gross deutschen Zeiten gibt es nicht mehr. Zum Glück.

    UEFA-Pokal-Finale: 1986,
    UEFA Euroleague Teilnehmer 2017/18

    UEFA Conference League Teilnehmer 2022/23
    Deutscher Meister: 1962, 1964, 1978,
    DFB-Pokalsieger: 1968, 1977, 1978, 1983,

  • Coby, Länder wie Südkorea, Schweiz, Singapur kommen auch klar, um nur mal ein paar zu nennen.

    Singapur ist ASEAN Mitgliedsstaat. Da wurde vieles richtig gemacht was sich aber kaum kopieren lässt.
    Die Schweiz wird immer gerne genommen als Beispiel, was da abläuft als Steuerparadies und im Finanzsektor würde Deutschland aber genauso wenig passieren wie es plötzlich eine Tourismushochburg wie Singapur wird. Und ich nehm auch nicht an, dass du die Lebenserhaltungskosten wie in Singapur als erstrebenswertes Ziel ansiehst.
    Auch bei Südkorea sehe ich nichts nachahmenswertes. Gedrillte Bevölkerung die funktionieren muss führt zur Leistungssteigerung und hoher Selbstmordrate.

  • Guten Morgen, ich bedanke mich für eure tollen und ausführlichen Beiträge.
    Da ist vieles dran, was man teilen kann, selbst wenn man am Ende ein anderes Fazit zieht, so wie ich es tue.


    Vorweg Kalker, ich fange bei Dir an und zwar mit der Conclusion und versuche mich dann nach oben zu arbeiten.


    Würde am Ende des Weges ein Europa stehen, welches einheitlich, sozial, verbunden, wirtschaftlich und fair wäre (und nur dann könnte es stark sein), dann würde ich Deine/Eure Meinung teilen. Dann wäre es wert diese großen „Anfangsschwierigkeiten“ und die enormen Risiken - die es vorher in dem Maße für uns nicht gab - zu gehen.


    Aber das sehe ich leider nicht und ich denke die angebrachten Zweifel bzgl großer Risiken sind nicht von der Hand zu weisen...genauso wie die von euch genannten Punkte auch nicht zu widerlegen sind. Man muss halt abwägen und da kommt dann jeder zu seinem persönlichen Ergebnis.


    Warum sehe ich hier am Ende keinen Erfolg? Was ist der Unterschied zu Wirtschaftsräumen/Gesellschaftsräumen a la USA, die ja am Ende einheitlich ausgetreten.


    Wieviele unterschiedliche EU Staaten haben wir momentan? 27?. Wieviele unterschiedliche Mentalitäten haben diese Staaten, aus denen sich dann unterschiedliche Gesetze und Regelungen ergeben?


    Wir haben keine Gleichheit bei elementarsten Gesetzen, Steuern, Abgaben, Eintrittsalter in Rente. Das ist auch ein stückweit kulturell und mentalitätsbedingt.
    Das führt zu Einem. Wir kommen in keinen der großen Themen zügig zusammen. Ganz im Gegenteil es gibt Streit noch und nöcher und genau das will die EU eigentlich ja nicht.


    Griechenlandrettung
    Flüchtlinge
    Umwelt
    Subventionen
    Grenzsicherungen
    Eurobonds
    Verschuldung vs Reformen
    Südländer gegen Nordländer
    Ost gegen Westländer


    Das sind nur die eklatantesten Themen.


    Demgegenüber stehen wieviele große Themen, in denen man nach zügiger Diskussion mal zu einem schnellen und einvernehmlichen Konsens kam?


    NULL!


    Worauf möchte ich hinaus?
    Um stark zu sein, muss man zügig und geschlossen handeln. Alles andere ist schädlich! Das ist im Kleinen (Unternehmen) genauso wie im Großen (Staat).



    Und dann frage ich weiter, wo steht überhaupt geschrieben, dass Deutschland alleine wirtschaftlich nicht mithalten könnte? Warum kann das Südkorea, Singapur, die Schweiz, Japan oder Australien?


    Wir haben immer gute Produkte entwickelt und das werden wir auch weiterhin machen. ..wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen.


    Und jetzt die nächste Frage, warum sollte Deutschland nun stärker sein, weil sie in einer EU sind, statt mit all den EU Staaten eine gemeinsame Wirtschaftszone zu errichten? Das müsst ihr mir erklären (ist nicht polemisch gemeint, verstehe das nur nicht).


    Ich würde das Argument verstehen, wenn wir, wie weiter oben ausgeführt, eine starke Einheit wären, die geschlossen und konsequent auftritt.
    Aber wie ist die Realität?
    China macht Geschäfte mit Griechenland (kauft sich dort ein), möchte Italien in die Seidenstraße einbinden, kauft bei uns gute Unternehmen auf..wo sind wir nun eine starke Einheit oder ein wirkliches Gegengewicht zu den Großen? Jeder macht doch am Ende was er möchte (und das meinte ich @Klebe, dass Trump mit america First nur das ausspricht, was alle oder fast alle leben).


    Also daher, wirtschaftlich hat Deutschland einen Mehrwert NUR aus dem niedrigeren Euro (im Vergleich zur D Mark), wobei das auch nicht so viel ausmacht, wenn man sieht, dass andere starke (Länder-)Währungen jetzt auch nicht viel höher sind, als der Euro.
    Und dieser Vorteil (oder die Annehmlichkeiten der letzten Jahre) zugunsten Deutschlands wäre dahin, wenn hier die Blase platzt, denn dann würde eine Phase auf uns zukommen, die ohne Euro niemals in dieser Form möglich wäre.


    Gut, das war nun die „Deutsche“ Sicht, ich komme gleich auf die andere (Solidarität), die ihr zurecht angemerkt habt und die wichtig ist und von starken Staaten gelebt werden muss.


    Davor möchte ich nochmal kurz auf das Thema Verschuldung eingehen, denn das ist wichtig in diesem Zusammenhang.


    Es gibt in diesem Thema in der EU zwei Ströme. Das sind die „Nordländer“ und die „Südländer“.


    Die Nordländer agieren hier etwas vorsichtiger, machen weniger Schulden.


    Betrachtet man den Verschuldungsgrad der NordLänder, dann ist dieser in Relation zum BIP in der Regel bei 50 - unter 100 % des BIPs (also der Wirtschaftsleistung).
    Und das aus gutem Grund...das ist auf Länderebene nichts anderes als auf unserer kleinen/privaten Ebene.
    Je höher man verschuldet ist, umso riskanter ist es. Noch riskanter ist es, wenn man zudem nicht sonderlich wirtschaftlich und produktiv ist.


    Und nun kommt die Krux. Was machte die deutsche Politik als wir unproduktiv waren und um die fünf mio Arbeitslose hatten? Wir starteten harte Reformen, was Wirtschaftswachstum nach sich zog, der viele Menschen zurück in Arbeit brachte und die Unternehmen wieder wettbewerbsfähig machte.


    Was machen andere Länder? Was machen die Franzosen zB? Wenn es dort harte Reformen gibt, ist gefühlt das halbe Land auf der Straße! Dann werden diese zurückgedreht und ein Wachstum auf Pump gekauft. Das geht dann temporär etwas besser, aber die Ursache der Unproduktivität ist nicht behoben, denn dafür müssten wirkliche Reformen kommen und somit wird nur eine Blase weiter aufgebaut, die dann alle paar Jahre platzt. Dasselbe auch in anderen Ländern.


    Das ist kein Vorwurf, bitte nicht falsch verstehen, jeder soll machen was er meint, aber er sollte dann für sein Agieren auch haften und so ist das in der EU eben nicht.


    Und da die Schulden nun deutlich anwachsen werden (auch wegen Corona, wobei die Strukturprobleme auch davor schon bestanden - Thema Zombiestaaten) wird das nun ein kaum noch zu kontrollierendes Szenario.
    Wie sprechen hier davon, dass 3,4 Billionen Euro nicht ausreichend sind und was denkt ihr denn, was passiert, wenn die dringend benötigten Reformen nicht gemacht werden? Dann sind das in 10 Jahren (wenn die EU überhaupt noch bestand hat) noch mehr. Das ist ein Fass ohne Boden und zahlen tun nur ein paar wenige Länder (im wesentlichen Deutschland) und zwar mittlerweile ein Vielfaches ihrer eigenen Wirtschaftsleistung.


    Sprachen wir in der letzten Krise „nur“ von ein paar hundert Milliarden wegen Griechenland, sind es jetzt schon 3,4 Billionen bzw. 4,4 Billionen, da man mindestens noch von einer weiteren Billion ausgeht.


    Sicher, man kann nun alles mit Geld der Zentralbanken zuschütten, da kommt dann das große ABER...die Lehre besagt, dass das eine megainflation nach sich zieht und woran soll man sich orientieren, wenn nicht an der Lehre...und wenn dieser Fall Eintritt, dann haben wir mehr verloren als alles was man heute irgendwo in der EU sieht.


    So und nun zum Thema Solidarität. Das ist ein guter und wichtiger Punkt den ihr ansprecht!
    Klebe, ich finde es anständig was Du sagst, dass die EU auch dafür da ist, dass schwächere Staaten „mitgenommen“ werden sollen. Kalker, Du sagst in diesem Zusammenhang, dass auch wir Hilfen bekommen haben...alles korrekt, liebe Leute.


    Hierzu ein Einwand. Auch ich bin dafür, den Ländern und Menschen zu helfen, aber dann muss das auch nachhaltig sein! Das ist das absolut entscheidende. Und was ist nicht nachhaltig? Einfach weiter so! Weiter verschulden und zwar nun mit unserem Geld...denn am Ende sind die Bonds nur eine Verschiebung unseres (Steuer-)Geldes in andere Länder.
    Nun haben wir aber gesehen, dass die Verschuldungspolitik nichts bringt, sonst wären die Länder, welche diese praktizieren nicht auf dieses Geld angewiesen. Reformen müssen her und wenn man das Geld mit diesem kombiniert, sage ich sofort: „ja, lasst ihnen das Geld geben und im Euro weitermachen“.


    Aber das ist nicht gewünscht und das ist das Problem, welches ich damit habe. Denn dann sind wir (immer vorausgesetzt der Euro überlebt) in zehn Jahren da, wo wir heute sind und auch schon vor zehn Jahren gewesen sind und zwar mit einem noch höherem Betrag und das geht nicht, liebe Leute.


    Daher, ja zur Solidarität, gerne aber eben mit gewissen Regeln.
    Gerne können wir eine Vermögensabgabe einführen (einmalig), aber dann bitte in allen Ländern der EU! Warum sollen Millionäre in Spanien, Italien, Frankreich, Griechenland geschont werden, während unsere Steuern zur Rettung eben auch dieser Länder angehoben werden? Das ergibt keinen Sinn! Genau dasselbe mit weiteren Gesetzen die anzugleichen sind (Thema oben).



    Ob das dann der perfekte Weg ist, den Deutschland und co gehen, weiß ich nicht, sicher gibt es etwas besseres...aber momentan ist der Weg der Reformen und der Sparsamkeit (mit all seinen Schwächen) dem anderen Modell (Verschuldung) mittelfristig offensichtlich doch überlegen.


    Sollten die Reformen hingegen nicht gewünscht sein, dann (nur dann) wäre ich für einen Austritt Deutschlands aus dem Euro und gleichzeitigem einmaligen Geldgeschenk für die Länder und Schuldenerlass von Altschulden (auch das wäre solidarisch).


    Ein einfach weiter so, geht jedoch nicht, denn dann kommen wir alle paar Jahre immer wieder an diesem Punkt an.
    Übrigens...die niedrigen EZB Zinsen waren auch schon ein Geschenk an diverse Staaten und das gibt zu Lasten unserer Sparer und Mieter...auch das ist schon solidarisch gewesen , genauso wie die vielen Arbeitsplätze für junge Leute, die sie hier besetzen konnten, weil in ihren Ländern keine angeboten werden.


    In dem Sinne, danke für eine gute Diskussion und VG

  • Singapur ist ASEAN Mitgliedsstaat. Da wurde vieles richtig gemacht was sich aber kaum kopieren lässt.Die Schweiz wird immer gerne genommen als Beispiel, was da abläuft als Steuerparadies und im Finanzsektor würde Deutschland aber genauso wenig passieren wie es plötzlich eine Tourismushochburg wie Singapur wird. Und ich nehm auch nicht an, dass du die Lebenserhaltungskosten wie in Singapur als erstrebenswertes Ziel ansiehst.
    Auch bei Südkorea sehe ich nichts nachahmenswertes. Gedrillte Bevölkerung die funktionieren muss führt zur Leistungssteigerung und hoher Selbstmordrate.

    Völlig richtig, und gerade Singapur als Beispiel für "kommen auch klar" zu nehmen, ist aus meiner Sicht wenig nachvollziehbar. Singapur mit seinem Hafen fungiert als Drehkreuz zwischen dem "Westen" und Asien, zumindest Ostasien, und profitiert wie kaum ein anderes Land von der Globalisierung, und internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Singapur dient nun mal gar nicht als gutes Beispiel, sondern ist aus meiner Sicht eher genau das Gegenteil. Die Lebensstandards für einen Großteil der Bevölkerung halte ich für ebenfalls nicht erstrebenswert, und eine Nachahmung würde hierzulande eine Empörungswelle ungeahnten Ausmaßes nach sich ziehen, und der AFD oder der Linken vermutlich 80% bringen. (übertrieben gesprochen)
    Schweiz und Südkorea aus von Dir beschriebenen Gründen ebenfalls sehr schlecht als Beispiel, da die Grundparameter überhaupt nicht vergleichbar sind. In Südkorea hat die Regierung 2018 die Wochenarbeitszeit von 68 auf 52 Stunden gesenkt - erklär das hier mal der Bevölkerung. "Wir wollen uns wirtschaftlich etwas emanzipieren, und nicht mehr so viel Geld in andere Staaten stecken, dafür müsst Ihr aber 12 Stunden mehr arbeiten pro Woche, ohne Lohnausgleich natürlich, selbstredend. Und importierte Güter verteuern sich, auch klar, ja?"
    Völlig illusorisch.

  • @MainBock, du gehst auf den Kalker ein, ohne wirklich auf ihn einzugehen. Letztlich geht es ihm primär um die Solidarität mit Menschen, die uns seinerzeit zur Hilfe kamen, als wir sie brauchten. Du selbst hast hier oft darauf verwiesen, die alte Generation habe dieses Land nach dem Krieg wieder aufgebaut. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Den Anteil, den z.B. die Gastarbeiter daran hatten, sollte man nicht unterschlagen. Nun geht es deren Ländern schlecht, sicher nicht nur, aber eben auch durch diese aktuelle Krise.


    Du sprichst viele Probleme an, ziehst aber meiner Meinung nach den absolut falschen Schluss. Die Brocken hinzuwerfen ist jedenfalls der falsche Weg. Der Kalker sagte es schon richtig: Wir brauchen noch mehr EU. Noch mehr EU in dem Sinne, als dass es mehr gemeinsame Lösungen zu finden gilt, als dass alles noch mehr zusammenwachsen sollte. Dazu muss natürlich die Bereitschaft vorhanden sein, keine Frage. Aber am Ende stünden alle vor der Entscheidung, sich dieser Gemeinschaft mit allem was dazu gehört anzuschließen oder den Einzelkämpfer zu geben. Und letzteres wäre für die meisten Länder kein erstrebenswertes Ziel.


    Verstehe mich nicht falsch: Die EU in ihrer aktuellen Form sehe ich ebenfalls nicht unkritisch. Es Bedarf vieler Reformen und das wäre sicher auch ein langwieriger Prozess. Aber er kann sich für alle lohnen, wenn man die nötige Bereitschaft zeigt. Nun einfach aufzugeben, weil wir uns vergleichsweise in einer komfortablen Situation befinden, halte ich für egoistisch und irgendwo auch feige.

    MattEagle‘s Kumpel: „Jedes Mal, wenn ich vom Klo komme, stehen 70 Kölsch auf dem Tisch!“

  • Klebe,
    verstehe mich bitte nicht falsch, aber ob ich den falschen Schluss ziehe, kann man doch gar nicht seriös sagen.
    niemand weiß was in einem Jahr kommt, in zwei oder in fünf. Die Betrachtungsweisen sind unterschiedlich, ok, aber welches Szenario eintritt...darüber streiten sich selbst Experten. Woher sollten wir daher wissen, was der richtige Schluss ist oder nicht.


    Das einzige was man sagen kann ist, dass es in der EU komplett unterschiedliche Ansichten zu jedweden Kernthema gibt. Und das hat eben zunehmend Folgen auf alles und jeden.


    Ich denke schon, dass ich auf Kalker eingegangen bin, habe doch gesagt, dass die EU gerne weitergeführt werden kann, aber eben unter der Prämisse, dass eine einheitlichere Politik (Gesetze) gemacht wird...und jetzt kommt die entscheidenden Frage...glaubst Du daran? Ich nicht, weil die letzten Jahre was andere gelehrt haben und das sind dabei meine Bedenken.


    Abgesehen davon sollte Deutschland immer solidarisch sein und das sind wir auch in hohem Maße. Das habe ich oben auch aufgezeigt. Nur muss es eben nachhaltig sein und so fair wie möglich und das bedeutet zB, dass Bevölkerungen die ein höheres Durchschnittsvermögen haben, ebenfalls einer Vermögensabgabe unterzogen werden sollten....was spräche denn dagegen? Denn sonst macht die EU genau das was ihr nicht möchtet...es dividiert die Staaten auseinander.


    VG

  • Klebe,
    verstehe mich bitte nicht falsch, aber ob ich den falschen Schluss ziehe, kann man doch gar nicht seriös sagen.

    Ich habe ja bewusst geschrieben, du ziehst meiner Meinung nach den falschen Schluss. Natürlich kann ich dir keinen Gegenbeweis liefern, wie denn auch? Wir beide können letztlich nur unsere Meinung austauschen, mehr Einfluss haben wir ohnehin nicht, keiner von uns kann zu dem Thema eine seriöse Aussage bzw. Vorhersage treffen :winking_face:

    Ich denke schon, dass ich auf Kalker eingegangen bin, habe doch gesagt, dass die EU gerne weitergeführt werden kann, aber eben unter der Prämisse, dass eine einheitlichere Politik (Gesetze) gemacht wird...und jetzt kommt die entscheidenden Frage...glaubst Du daran? Ich nicht, weil die letzten Jahre was andere gelehrt haben und das sind dabei meine Bedenken.

    Auch dazu habe ich ja etwas geschrieben. Ich denke, auf die EU kommt insofern eine Bewährungsprobe zu, als dass alle einsehen müssen, dass es nur funktioniert, wenn man enger zusammenrückt. Das bezieht sich natürlich auch auf eine einheitlichere Gesetzgebung. Dennoch kann man auch nicht alles vereinheitlichen, wir sprechen immer noch über viele Länder mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen, Situationen und Mentalitäten. Nicht zuletzt unterscheidet auch die geografische Lage über die Möglichkeiten. Dennoch ist da sicher deutlich mehr drin, als aktuell rausgeholt wird - und daran gilt es zu arbeiten. Und ja, ich glaube daran dass das möglich ist, denn am Ende ist die Alternative wahrscheinlich das von dir aufgezeigte Szenario. Und ich bin fest davon überzeugt, dass ein Großteil der EU-Staaten dieses Szenario nicht bevorzugen werden.

    MattEagle‘s Kumpel: „Jedes Mal, wenn ich vom Klo komme, stehen 70 Kölsch auf dem Tisch!“

  • So habe ich das auch gemeint. Die EU sollte mehr sein als nur Wirtschaftskennzahlen und Schuldenausgleich. Die EU sollte endlich zu dem zusammenfinden was die junge Generation seit Jahren vorlebt. Ein ganzer Kuchen und keine Kuchenstücke die für die einen etwas breiter sind als für die anderen. Jeder zu gleichen Teilen! Aber dazu gehören natürlich nicht nur Rechte und Vorteile, sondern auch Pflichten und die ein oder andere bittere Pille. Die momentane Situation liefert Deutschland die Situation seinen Teil dazu beizutragen. Und das wäre schon ein extrem großer Anteil am Ganzen! Unsere südlichen Freunde werden das weder ausnutzen, noch werden sie irgendwelche Hintergedanken haben. Denn auch sie brauchen Deutschland als starken und verlässlichen Partner auf ihrer Seite für den Wiederaufbau.

  • So habe ich das auch gemeint. Die EU sollte mehr sein als nur Wirtschaftskennzahlen und Schuldenausgleich. Die EU sollte endlich zu dem zusammenfinden was die junge Generation seit Jahren vorlebt. Ein ganzer Kuchen und keine Kuchenstücke die für die einen etwas breiter sind als für die anderen. Jeder zu gleichen Teilen! Aber dazu gehören natürlich nicht nur Rechte und Vorteile, sondern auch Pflichten und die ein oder andere bittere Pille. Die momentane Situation liefert Deutschland die Situation seinen Teil dazu beizutragen. Und das wäre schon ein extrem großer Anteil am Ganzen! Unsere südlichen Freunde werden das weder ausnutzen, noch werden sie irgendwelche Hintergedanken haben. Denn auch sie brauchen Deutschland als starken und verlässlichen Partner auf ihrer Seite für den Wiederaufbau.


    Kalker, zwei Fragen:


    1) wie ist es in den letzten Jahren gelaufen? In welchem Thema sind wir mal Hand in Hand gegangen?


    2) Solidarität muss es ja gegenseitig geben.
    Was spricht dagegen, dass all die andere Länder ebenfalls eine Vermögensabgabe vornehmen, um die (eigenen) Kosten der Krise mitzutragen? Glaubst du das dies kommt?

  • @MainBock


    1 Beim Thema Brexit.


    2 Nichts spricht dagegen. Alle müssen ihren Teil dazu beitragen. Aber wer haben will muss bringen. Und wenn man Italien und auch Spanien das Vermitteln möchte darf man dies nicht damit tun das man sie mit ihren Problemen alleine lässt. Sondern sollte ihnen da schon erstmal die Hand reichen. Und ob dies kommt weiß ich nicht, aber ich hoffe das man alle unter einen Hut bekommen kann!

  • Als jemand, der in einer internationalen Gesellschaft tätig ist, bekomme ich recht gut mit, was in den anderen Ländern so tickt
    und läuft. Unsere Gesellschaft produziert unter anderem in Polen, Italien, Frankreich, Spanien, Dänemark, England und natürlich
    in Deutschland. Es ist ein deutsches Unternehmen, aber wir legen viel Wert auf dezentrale Entscheidungen und dezentrale
    Entscheidungsgewalt.


    Dieser Ansatz gefällt natürlich unseren europäischen Partnern aussergewöhnlich gut - denn er nimmt Rücksicht auf nationale oder
    gar regionale Befindlichkeiten. Und unserer Erfahrung nach ist es nicht gut, wenn da der "schlaue" Deutsche sagt: Alles auf unser
    Kommando und so machen wir das jetzt. Grosso modo sind wir diesem Modell gut gefahren, aber eben nicht nur gut. Es gibt da
    mehr als eine Nuance.


    In Griechenland haben wir die Produktion im übrigen bereits 2009 gestoppt. Das hatte mit der seinerzeitigen Wirtschaftskrise
    nichts zu tun, die Entscheidung war schon vorher gefallen. Grund: völlig korrupte Strukturen, Unfähigkeit im Quadrat und per-
    manente Nachforderungen seitens Behörden und Partnern. Dazu eine katastrophale Arbeitsmoral. Als wir den Stecker gezogen
    haben, wurden wir - selbstredend - als Nazis beschimpft. Darauf hatte es vorher schon bei uns Wetten gegeben, wir waren also
    nicht überrascht. Bis heute steht Griechenland bei uns auf der "Black List" - zu unschön sind die Erinnerungen.


    Ob du in Frankreich, Spanien, Italien oder England bist - selbstverständlich verschieden in der Nuancierung - alle sind sich in
    einem Punkt über die deutschen Partner einig: Meine Güte, die sind einfach gut. In dieser Anerkennung schwingt - man muss
    die Ohren ein wenig aufsperren - immer so ein kleines mit: "Ihr seid uns zu gut. Wir kommen da nicht mit." Das ist ein wenig
    Neid, das ist ein wenig Hilflosigkeit, das ist viel von dem was man als von unten nach oben schauen bezeichnet.


    Was für Firmen gilt, das gilt erst recht für Staaten. Deutschland - der Verursacher des zweiten Weltkrieges und Verursacher des
    grössten Leids was dieser Kontinent jemals erleben musste - erhob sich nach WK 2 wie Phoenix aus der Asche. Wir wollen mal
    nicht vergessen, daß dieses mit Hilfe geschah, insbesondere der Amerikaner(ob das uneigennützig geschah ist dabei mal nicht
    interessant). Aber auch die Briten und die Franzosen als Kriegsgegner haben uns die Hand gereicht. Wie auch immer, 25 Jahre
    nach dem Kriegsende, steht dieses Deutschland wirtschaftlich vor allen anderen europäischen Ländern. Und dabei ist es geblieben,
    bis heute(sieht man von der wirtschaftlichen Schwächephase Ende der 90er bis Mitte der Nuller Jahre ab). Die internationale
    Rolle der Deutschen ist nach der Wiedervereinigung noch grösser geworden und diese Wiedervereinigung wurde möglich durch
    Amerikaner, Russen, Franzosen und Briten - dafür gebührt Dank. Aber auch das Bewusstsein, daß (a) viele Europäer eben das
    nicht grossartig fanden und (b) die Deutschen immer noch in einer Art Bringschuld gesehen werden. Oder wie es mein französischer
    Freund Etienne einmal so unnachgiebig und unnachsichtig formuliert hat: "Ihr müsst liefern. Immer."


    Deutschland ist - nach wirtschaftlichen Masstäben - die beherrschende Kraft in Europa. Sicherlich nicht nach militärischen
    Masstäben und - wenn man die politische Elle ansetzt - tut man sich in Berlin sehr, sehr schwer zu führen. Zu schwer wiegt hier
    die Last der Vergangenheit und man möchte sich nicht der nächsten und übernächsten Kritik aussetzen. Deswegen sind deutsche
    politische Vorschläge eben auch immer in erster Linie wirtschaftliche Vorschläge. Das ist unser Terrain, da kennen wir uns aus und
    verkennen dabei schon mal, daß eben auch das die Kritik hervorruft in den Nachbarländern - in dieser Melange aus bösen
    Erinnerungen und harter Gegenwart. Niemand hat gerne das Gefühl, permanent von unten nach oben zu schauen und dann in aller
    Regel auch noch den Bittsteller mimen zu müssen.


    Kleiner Sprung zurück zu unserem Unternehmen, weil es an dieser Stelle so schön passt. Im letzten Jahr schlitterte unsere
    englische Tochter in ein Formtief. Naja, Formtief ist vielleicht nicht das richtige Wort. Die haben ein Spiel nach dem anderen
    verloren und das obwohl der Kader massiv verstärkt wurde(im Klartext: wir haben es in den Vorjahren nicht an Investitionen
    fehlen lassen). Der Grund für das Formtief war, daß die bestimmte Teile des Absatzmarktes massiv falsch bewertet haben und
    das gegen den Rat aus Deutschland. Letzten Endes haben die gemacht, was die wollten(dezentrale Entscheidungsstruktur) und
    sind auf der Nase gelandet. Wir haben die Konsequenzen gezogen, der Vertrieb wurde - gegen den englischen Willen - zentralisiert
    und harte Personalentscheidungen gab es auch. Konsequenz 1: unsere englische Dependance(n) sind aus den roten Zahlen raus.
    Konsequenz 2: die Stimmung in UK ist so schlecht wie nie, man wirft uns dezidiert Besserwissertum vor und die besseren Zahlen,
    die hätte es sowieso gegeben.


    Wie läuft es in Italien?!...Unsere italienische Einheit hat - wer wundert sich - Probleme. Aber da kommen die drüber, das ist eine
    gesunde Einheit. Was mich unglaublich nervt ist deren Arroganz. Die tun so, als wenn sie die Weisheit mit Löffeln gefressen haben.
    Halten aber alles versteckt, verbitten sich jegliche - ich zitiere - "ausländische Einflussnahme". Wenn man sie dann höflich darauf
    hinweist(und bis jetzt und gerade jetzt war und ist alles höflich und voller Teilnahme), daß das Kapital aber deutsch ist und das
    die Deutschen gerne wissen wollen, was mit ihrem Kapital passiert - dann erntet man auf diese typisch italienische Art, die man
    doch nur aus schlechten Filmen kennt(weit aufgerissene Augen, hinreissende Hand - und Armbewegungen) im Grunde genommen
    nur: "Ja, vertraut ihr uns denn nicht?!"


    Die Italiener vertrauen den Deutschen nicht, das ist der Punkt. Ihnen ist dieses Land mit den angeblich so schwermütigen Menschen, mit den grossen und dunklen Wäldern auf ewig fremd. Sie fühlen sich schnell gegängelt und schnell im Stich gelassen.
    Und umgekehrt trauen die Deutschen den Italienern nicht. Alles Mafiosi....Wollen immer nur an unser Geld....essen nur Pasta
    und wollen nur unser Geld....Alte Reflexe sind das und das Herr Conte jetzt die "volle Feuerkraft der EU" fordert und damit
    Deutschland meint, das verstärkt die Meinungen der Deutschen. Und das die Deutschen sich zieren, das verstärkt die Meinungen
    der Italiener.


    Es ist schon ein Kreuz mit diesem Kontinent. Dessen Länder auf Jahrhunderte hinaus Kriege gegeneinander geführt haben. Die
    Briten mit den Franzosen. Die Franzose mit den Italienern. Die Schweden mit den Dänen. Und die Deutschen mit allen. Da sitzt
    ein tiefes Misstrauen, tiefe Vorurteile. Und wenn es mal 50 Jahre ruhig war, dann massakrieren halt die Serben halt die Kroaten
    und umgekehrt.


    Aber - wir haben keinen anderen Kontinent. Wir mögen uns einen wünschen, aber das bringt uns nicht weiter. Wir müssen
    zusammen durch diese Welt und diese Welt - da mag sich keiner vertun - ist Europa nicht freundlich gesonnen. Weder die Russen,
    denn die sind nicht Europa. Noch die Amerikaner, jedenfalls momentan. Die Chinesen schon mal gar nicht, die sehen Europa
    als Absatzmarkt. Und als Spielball. Die Afrikaner wollen zwar gerne nach Europa(jedenfalls eine Menge von Ihnen), aber nicht,
    weil sie Europa wirklich so grossartig finden - sondern weil es zu Hause aus unterschiedlichen Gründen schon mal grausig ist.


    Deutschland ist der zentrale Staat in Europa. Der wirtschaftliche starke Mann in Europa. Das einwohnerreichste Land in Europa.
    Aus grosser Kraft resultiert grosse Verantwortung. Ohne Deutschland und die Führungsrolle in Europa, kann Europa nicht leben.
    Aber ohne Europa kann auch Deutschland nicht leben. Deutschland muss sich jetzt mal trauen, wirklich die Führung übernehmen.
    Aber nicht so, daß die anderen sich gemassregelt fühlen - mit Geschick und Verve. Fördern und fordern, das ist wohl die Devise.
    Und das wird auch etwas kosten. Aber dafür kann man auch etwas fordern. Muss man sogar. Und wer dann nicht mit macht, dem
    muss man die Türe weisen. Wer nur fordert und nur nimmt, der muss raus. Das gilt für Ungarn, das gilt vielleicht für Polen. Jedem
    Land muss klar sein - dieser Kontinent ist eine Schicksalsgemeinschaft. Und jedes Land muss das schnell begreifen.


    Schliessen möchte ich noch einmal mit meinem Freund Etienne: " Ihr müsst liefern. Immer.".....Ja und wir können liefern. Und
    wenn wir liefern, dann müssen die anderen auch liefern. Das ist der Deal - und einen anderen wird es nicht geben.

    Lettore silenzioso

  • @MainBock


    1 Beim Thema Bereit.


    2 Nichts spricht dagegen. Alle müssen ihren Teil dazu beitragen. Aber wer haben will muss bringen. Und wenn man Italien und auch Spanien das Vermitteln möchte darf man dies nicht damit tun das man sie mit ihren Problemen alleine lässt. Sondern sollte ihnen da schon erstmal die Hand reichen. Und ob dies kommt weiß ich nicht, aber ich hoffe das man alle unter einen Hut bekommen kann!


    Hey Kalker,
    Es wird doch schon ein Teil dazu beigetragen. Es sind bereits Hilfen vorhanden, nur werden diese eben teilweise nicht abgerufen, weil konkret jetzt in diesem Fall Italien mehr haben möchte.


    https://m.focus.de/finanzen/st…n-werden_id_11906046.html


    Und wie könnte man es alternativ zu Corona Bonds (oder wie es am Ende auch immer genannt wird) finanzieren? Das ist in folgendem Artikel nochmal wunderbar beschrieben:



    https://m.manager-magazin.de/p…-eurobonds-a-1306445.html


    Nein, das Hauptproblem einiger Nationen (gemäß der Bondskritiker) ist der fehlende Reformwillen eben dieser und deswegen wird eine neuerliche Verschuldung spätestes in ein paar Jahren verpufft sein und man steht wieder am selben Punkt.
    Und so lange das so ist, so lange es keine einheitlichen Regelungen in der EU gibt, an die sich alle halten und das derartige finanziellen Verwerfungen ganzer Staaten zur Folge hat, so lange hat die EU keine Zukunft.
    Das wird sich dann ändern, wenn eingesehen wird, dass es Reformen bedarf (statt immer höherer Verschuldung), dass die Korruption zu bekämpfen ist (komplett wird man diese nicht beseitigen können, das ist klar) und dass man zudem solidarisch ist und zwar Ländern gegenüber die eben noch keine wirklichen Strukturen haben, weil sie erst aufgenommen wurden und hierdurch dann langfristig wachsen können...es kann doch wirklich nicht sein, liebe Leute, dass sich Big Player a la Italien, Frankreich oder Spanien ständig in einer derartigen Situation befinden...das müssten die Stützen der EU sein...sind sie aber nicht sondern die „Sorgenkinder“...und das werden sie bleiben, wenn sie notwendige Reformen nicht durchführen und wann ist der beste Zeitpunkt dafür wenn nicht jetzt in einer Krise (wo sowieso alles hinterfragt wird).


    Was meinst du mit dem Thema „Bereit“?


    VG

    Einmal editiert, zuletzt von MainBock ()

  • @MainBock


    Brexit. Habe es schon korrigiert.
    Natürlich bedarf es Reformen in den entsprechenden Ländern. Die waren aber auch schon angestoßen, nur rechnete keiner mit einer Seuche die das italienische Gesundheitssystem an den Rand des Abgrundes bringen würde, und auch nicht mit einem nahezu totalen Abschalten der Wirtschaft in eben jenen Ländern. Da kann man der Bevölkerung nicht verkaufen das man an den Reformen festhalten muss. Da bedarf es extremen finanziellen staatlichen Hilfen. Und darum geht es. Das sich die Finanzstruktur dieser Länder in "normalen" Zeiten ändern muss, absolut einverstanden!