Der Politik-Thread

  • Die nächste Welle kommt bestimmt.


    Oder herrscht mittlerweile Frieden auf der Erde :question_mark:

    PRO FC, meine Liebe, meine Stadt, meine Partei.


    Skymax (Praeses Emeritus), Ich (Präsident), sharky (Vize), Flykai (Schriftführer), grischa, Heimerzheimer (Ehrenmitglied), caprone, elkie57, winter, Matze86, frankie0815, floedi_82, kölsch, banshee, ManwithnoName, Mittelfeld, effzeh, der Pitter, Hunsrück FC, Je(n)sus, troemmelche71, izeh (Catering), BadischerBock, Salival (Klofrau), Rodi, Die_Macht_am_Rhein (Pressesprecher), Hassenichjesehen (Nummerngirl), lunyTed (Azubi), Kimeo, Olemaus.

  • Leider ist kein Ende in Sicht. Die politische Debatte kehrt leider immer wieder zu dem einen, derzeit alles beherrschenden Thema zurück: Flüchtlinge, Abschiebungen, Grenzschutz, Migration, Integration, etc.


    Mit kaum etwas anderen wird überhaupt noch Politik gemacht. Man könnte meinen, man kann sich in Deutschland nur noch politisch profilieren, wenn man sich in die eine oder andere Richtung zu diesem Thema äußert.[...]

    Es gab hier im Thread - ich glaube, im letzten Jahr - mal die Diskussion darüber, ob wir in Deutschland einen Rechtsruck erleben. Ich war einer der wenigen, die das verneint haben. Der eine Grund zu dieser Annahme war für mich, dass ich ein derartiges Erstarken der Rechten wie in anderen Ländern nicht sehe. Der zweite Grund: Ich sehe ebenso wenig eine anwachsende Angst der Gesellschaft vor anderen Farben, anderen Kulturen, anderen Traditionen etc. Das mag sich alles in den letzten Jahren etwas verschärft haben, aber trotz tendenziell bald 20 Prozent Zustimmung auf Bundesebene für die AfD sehe ich weiterhin keinen Rechtsruck.


    Lange Einleitung, sorry. Das Problem, das diese 15 bis 20 Prozent an Bundesbürgern haben und wegen dem sie ihr Kreuzchen bei der AfD machen, ist zweigeteilt. Und LEIDER wird vornehmlich der eine Aspekt dessen betrachtet: Flüchtlinge. Seehofer ist alleine dadurch, dass er den Hebel an dieser Stelle ansetzt, fast in der Lage, die Bundesregierung zu sprengen. Macht er das nicht, so treibt er sie dennoch vor sich her. Das muss man sich mal vorstellen.


    Doch warum all das jetzt? Liegt etwa doch eine Angst vor Überfremdung vor? Ich bleibe weiterhin beim Nein. Die wahre Ursache ist, dass uns die Flüchtlingswelle in den Zeiten des Neokapitalismus trifft. Schätzungen zufolge etabliert sich gerade ein Billiglohnsektor an Hilfsdienstlern und Zuarbeitern, der rund 10 Mio Menschen bundesweit umfassen soll. Das sind Personen, die nicht dumm oder faul sind. Sondern die einfach vom Fortschritt nichts abbekommen haben. Und die sich nun ausbeuten lassen. 40 oder 50 Arbeitsstunden pro Woche - denen ein Lohn gegenübersteht, der zur Existenzsicherung gerade so ausreicht.


    Das sind Menschen, die für 8-10 Euro brutto pro Stunde irgendwo Kopf und Knochen hinhalten. Und die einfach Angst davor haben, dass die zu integrierenden Flüchtlinge ihnen diesen Job wegnehmen. Denn die beziehen ein geringeres Grundgehalt und meines Wissens nach auch geringere Sozialleistungen. Sprich: Der Unternehmer profitiert von den Flüchtlingen - der Angestellte fürchtet sie.


    Die Flüchtlingskrise würde uns nicht so hart treffen, wenn sie uns vor 20 oder 30 Jahren erwischt hätte. Aber der Wohlstand schwindet. Und daran ist nicht die AfD Schuld, sondern namentlich in erster Linie die CDU und die SPD. Parteien also, die den Sozialstaat in den letzten Jahren zu Grabe getragen haben.


    Daher würde ich mir wünschen, dass mehr Parteien zur Vernunft kommen. Statt sich von AfD und CSU durch den Ring jagen zu lassen und blindlings immer weiter Öl ins Feuer der Flüchtlingsdebatte zu gießen, sollte wieder über eine sozialere Politik gesprochen werden. Lukrative Löhne, erschwingliche Mieten, sichere Renten. Das ist das, was die Menschen deutlich mehr interessiert als die handvoll Flüchtlinge, die jeden Tag hier ihr Asyl sucht - und die unser Staat aber mehr als locker aufnehmen kann. Platz haben wir genug, die nötigen finanziellen Mittel sind auch da.


    Und ich bin mir sicher: Wir brauchen nicht zwingend eine Lösung der Flüchtlingskrise, um die AfD klein zu halten. Mit einer sozialen Politik klappt das ebenfalls. Aber - wie du schon sagst - davon spricht niemand. Und erst recht macht niemand eine solche Politik.

    :hennes: Die Herausforderung "Bundesliga mit Köln" ist für einen Spieler etwas vom Größten. Köln ist ein Mythos. :FC:

  • Millhouse, was ist denn los mit Dir? Das ist ein Ding, das ich ziemlich unterschreiben kann. Weiterer Punkt wäre für mich noch, dass man Ängste der Bevölkerung ernster nehmen sollte und nicht alles direkt mit der Nazi- und Rassismuskeule plattehauen sollte. Es gibt durchaus viele Menschen, die ausländischen Mitbürgern/Flüchtlingen positiv gegenüber stehen, aber Ängste gegenüber dem Islam haben, die Rolle der Frauen im Islam hinterfragen und geschockt nach den Vorgängen der Sylvesternacht waren. Diese Menschen sollte man nicht als Nazis oder Rassisten ansehen, sondern einfach mal unvoreingenommen mit ihnen Reden und wenn man diese Ängste mildern oder entkräften kann, dann umso besser. Dialog ist unheimlich wichtig. Habe eben das Video "Aber" von Eko Fresh geshen und obwohl ich kein Rap Fan bin, fand ich das richtig gut, weil beide Seiten aufgezeigt wurden und zum Dialog aufgerufen wurde.

  • (...) Die wahre Ursache ist, dass uns die Flüchtlingswelle in den Zeiten des Neokapitalismus trifft. (...)

    Korrekt. Und die wahre Kunst des Neokapitalismus ist es, diejenigen gegeneinander auszuspielen, die von ihm benachteiligt werden.
    Bei uns Flüchtlinge (Verlierer der Heuschrecken-Globalisierung) gegen Geringverdiener und infrastrukturell Benachteiligte (Verlierer des hiesigen Neokapitalismus).
    In den USA sind es andere Verlierer, in Frankreich andere und im UK wieder andere. Aber der Rechtsruck ist meines Erachtens ein Symptom des oben beschriebenen Phänomens.


    Einer, der das relativ schonungslos angesprochen hat, ist übrigens Martin Schulz. Leider konnte er die PS dieser Erkenntnis nicht auf die Straße bringen, und ob der Seeheimer Kreis die richtigen Hebel gegen Neokapitalismus in Bewegung setzen will, darf auch bezweifelt werden. Aber gesagt hat er's.

    Ich bin nur wegen euch hier, nicht wegen dem modernen Fußball.

  • Und ich bin mir sicher: Wir brauchen nicht zwingend eine Lösung der Flüchtlingskrise, um die AfD klein zu halten. Mit einer sozialen Politik klappt das ebenfalls. Aber - wie du schon sagst - davon spricht niemand. Und erst recht macht niemand eine solche Politik.

    Da bin ich ehrlich gesagt anderer Meinung. Gerade die AfD macht alles, nur keine soziale Politik. Trotzdem wachsen ihre Umfragewerte immer weiter.


    Du hast grundsätzlich recht mit dem was du schreibst. Ich sehe auch keinen Rechtsruck. Rechtes Gedankengut wächst ja nicht plötzlich auf den Bäumen. Die Leute waren auch vorher schon so, bisher hat ihnen nur niemand eine Stimme verliehen. Das sind ja keine NPD-Wähler. Die AfD hat mit ihrer Politik Fremdenfeindlichkeit salonfähig gemacht. Die Leute trauen sich dadurch Dinge zu äußern, die vorher den Stammtischen vorbehalten waren. Die Gesinnung war allerdings schon immer da, deshalb konnte die AfD überhaupt so stark werden.


    Ich glaube allerdings nicht, dass eine sozialere Politik die Leute wieder einfängt. Wie gesagt, wenn sie soziale Politik wollten, würden sie sicher nicht AfD wählen. Die sogenannte Protestwahl mag es geben, einen großen Anteil sehe ich aber nicht.

    MattEagle‘s Kumpel: „Jedes Mal, wenn ich vom Klo komme, stehen 70 Kölsch auf dem Tisch!“

  • Und genau das ist doch super. Ich habe es schon einmal geschrieben: Zu einer bunten Gesellschaft gehört auch braun dazu.


    Ist doch schön, dass Menschen, denen bisher niemand eine Stimme gab endlich politisch gehört und gesehen werden.
    Genau darum soll es doch gehen in einer Demokratie: Teilhabe.


    Auch wenn die AfD keine soziale Politik machen sollte (keine Ahnung, so wichtig ist mir die Partei nicht), so glaube ich auch, dass der soziale Aspekt eine große Rolle spielt.


    Und darin sehe ich eine große Chance für die "Altparteien": Wenn vor allem SPD und die Grünen daraus ihre Konsequenzen ziehen und endlich wieder soziale Politik machen.


    So spannend die Özil-Diskussion auch sein mag, entscheidend ist sie nicht (höchstens Ablenkung): Pflege, Rente, soziale Absicherung, Mindestlohn, bezahlbarer Wohnraum sind den meisten lebensnäher...

  • Bezüglich der AFD erlebe ich es noch immer häufig das Menschen in meinem Umfeld...denen es wirklich nicht schlecht geht(Kollegen/Mann und Frau berufstätig,ausreichend Einkommen haben,Eigenheim/Haus,mindestens ein neues Auto,Urlaub ein bis zwei mal im Jahr,Rentner mit hohen Bezügen/abbezahltem Haus und ohne Finanzielle Sorgen...und KEINER der persönlich mit Flüchtlingen in Berührung kommt/gekommen ist) die in verschiedenen Situationen...wie zb.Thema Flüchtlinge/Politik... äußerten mal die AFD zu wählen damit die anderen Parteien die es sich jahrelang “bequem“ gemacht haben mal merken “das es so nicht weitergeht“.
    Wenn man dann sachlich in eine Diskussion mit ihnen gehen möchte...ohne Stammtischparolen...kommen sie schnell an ihre Grenzen.
    Das perfide daran...sie reagieren erst relativ einsichtig...um sich am Ende nach dem Motto “aber trotzdem“ zu verhalten.
    Und das raffe ich einfach nicht...warum ist das so? Ich gabe da teils wirklich resigniert und lasse den Müll teilweise nur noch über mich ergehen bzw.ertrage es weil ich weiß es kommt nicht wirklich was im Oberstübchen an.
    Und das sind vom Bildungsgrad alle dabei...was die grundsätzliche Intelligenz angeht.
    Ist es das Phänomen sich aufregen zu müssen/wollen?Auf kosten von Menschen die nur einen kleinen Teil der eigentlichen Politik ausmachen der aber so von den Seelenfängern genutzt und ausgespielt wird als sei es der wichtigste?
    Ich bin immer wieder “verwundert“ das es für einige...gefühlt immer mehr...weniger auf Inhalte der Politik außerhalb der Flüchtlingsthematik ankommt oder aber alles mögliche damit in Verbindung gebracht wird.
    Ich kenne zugegeben auch nicht sämtliche Parteibücher jeder einzelnen Partei.
    Dennoch braucht es nicht viel Mühe und man kann sich über die Inhalte zu den jeweiligen Themen im Netz/Medien allgemein....gut informieren.
    Vorausgesetzt man vermutet nicht hinter jedem Artikel die Lügenpresse.

    FC im Blut... :FC: :koeln: :dom: :prost:

  • Mich würde einmal interessieren, wer von euch im Ausland gelebt habt, sich also integrieren musste?!

  • Hab ich nicht!


    Falls das mal passieren sollte, dann kommt nur Italien oder Kroatien in Frage. Und ich würde die „Regeln“ und Gesetze befolgen und Kontakt zu Einheimischen suchen.....in Vereinen, Nachtbare etc.
    Außerdem die Gewohnheiten und Sitten akzeptieren!


    Ich war oft und lange in diesen Ländern, und manche dort sagten zu mir, dass ich schon ein halber Kroate wäre.....für mich war das ein großes Kompliment!


    Warum fragst du das eigentlich, @Soll/Ist ? Mir würde es sicher nicht schwerfallen.....mich zu integrieren. Es wäre sogar mein erstes Ziel, wenn ich dort ankommen würde! :winking_face:

  • Ich frage deshalb, weil man etwas besser beurteilen kann, was man selber gemacht hat. Oder was einem widerfahren ist.

  • Bei mir ging es halt noch in die Richtung Integration und Möglichkeiten der Integration.


    Ich habe - neben Deutschland - noch in drei anderen EG Staaten gelebt und gearbeitet. War nicht immer das reinste Honig saugen.

  • Mich würde einmal interessieren, wer von euch im Ausland gelebt habt, sich also integrieren musste?!

    8 Monate Frankreich (6 Monate Elsass, 2 Monate Paris);
    2x6 Monate Grenzpendler in die Schweiz mit Wohnsitz in Deutschland;
    6 Monate Grenzpendler nach Frankreich mit Wohnsitz in Deutschland;
    6 Monate Dänemark (Kopenhagen);
    1 Jahr Schottland (Glasgow).


    Nun muss man natürlich sagen, dass das alles "Ausland light" ist. Alles Länder mit ähnlicher Gesellschaftsstruktur, ähnlichem Alltag (Banken, Versicherungen, Wohnen...) und einer relativ leicht verständlichen Sprache (z.B. gleiche Schrift).


    Erfahrungen:


    - Es kostet nicht viel Arbeit, den Alltag zu managen, aber es ist unfassbar schwer, die Expat-Blase zu verlassen. So schnell trifft man auf andere Auswanderer, dass man kaum Zeit hat, sich mit den Locals zu befassen. In Dänemark hab ich mehr Freundschaften mit Polen und Franzosen geschlossen als mit Dänen, und das obwohl ich mir den Ar5ch aufgerissen hab. Ich habe 8 Stunden Sprachkurs pro Woche gemacht, als Schiri 27 Spiele in 6 Monaten geleitet und habe in der Unikneipe gejobbt. In Paris habe ich zwar in einer deutschsprachigen Paris-Entdeckergruppe (Studis und Au-Pairs) netten Freizeitbekanntschaften gemacht, aber nichts mit Parisern unternommen. In Glasgow habe ich einen inzwischen sehr guten Freund von mir kennengelernt - der nun wie ich wieder in seiner Heimat in Norwegen lebt, und im Dudelsackkurs war ich immer "der Deutsche". So viel Respekt bekommt man (Wow, du lernst unser Nationalinstrument!), aber man kommt nicht ohne weiteres in die Freundeskreise rein.


    - Meine Zeiten im Ausland waren meine aktivsten Zeiten im deutschen Netz. Egal ob FC-Foren, Facebook, Skype, Kölner Presse. Nach einem ganzen Tag Kauderwelsch liest sich selbst der Express mit einem heimeligen Gefühl.


    - Als Ausländer hast du mal mehr, mal weniger Kredit, aber du hast immer eine Sonderrolle. Das habe ich in nahezu allen Ländern erlebt. In Dänemark von der Polizei mit 155 statt 110 auf dem Moped angehalten, dänisch gesprochen, "Unsere Sprache kannst du ja schon richtig gut, nun lern bitte auch noch unseren Fahrstil. Schönen Abend noch!" In Frankreich meinen Telefonvertrag sicherheitshalber vor Ort in der Filiale kündigen wollen, "Das geht nur per Einschreiben.", mich über die Lächerlichkeit der Situation aufgeregt, "Ihr Deutschen habt hier seit 65 Jahren nichts mehr zu sagen, spielen Sie sich nicht so auf! (auf Deutsch)" In der Schweiz mit dem Moped im 2. Gang auf den Zöllner zugefahren, welcher in letzter Sekunde den Arm hebt und mich dann anpampt "Sie chönnen hier nicht so rasen." und als ich auf Deutsch gesagt hab, dass mein Anhalten auf seiner Höhe ja wohl der Beweis sei, dass ich nicht gerast sei, nahm er meinen Ausweis mit, ging ins Häuschen und legte demonstrativ 5 Minuten die Füße auf den Tisch.


    Das wären so meine ersten paar Assoziationen, bin natürlich für Rückfragen offen und gespannt auf das politische Ausschlachten meiner Gedanken :thumbs_up:

    Ich bin nur wegen euch hier, nicht wegen dem modernen Fußball.

  • :face_with_tears_of_joy: ...das kenn ich zum Teil! Und ich weiß das und glaube dir jedes Wort! Im Ausland wird nicht so zimperlich umgegangen mit Touristen, Ausländern u.a.
    Wollte nicht wissen, was los wäre, wenn man in Deutschland mit Türken, Arabern oder Afrikanern so umgehen würde ? Was da wohl los wäre!? Gar nicht auszudenken!

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  • das kenn ich zum Teil! Und ich weiß das und glaube dir jedes Wort! Im Ausland wird nicht so zimperlich umgegangen mit Touristen, Ausländern u.a.
    Wollte nicht wissen, was los wäre, wenn man in Deutschland mit Türken, Arabern oder Afrikanern so umgehen würde ? Was da wohl los wäre!? Gar nicht auszudenken!

    Es war so klar, dass du aus seinem Beitrag nur auf den Teil eingehst. Den Kern seinen Beitrags, nämlich wie schwer ihm trotz seiner Mühen die Integration gefallen ist, ignorierst du geflissentlich. Du "glaubst ihm jedes Wort", obwohl er damit größtenteils deinem "ich würde mich natürlich überall sofort integrieren" Beitrag widerspricht und aufzeigt, dass das gar nicht so einfach ist.


    Übrigens: Was los wäre, wenn man in Deutschland mit Türken, Arabarn oder Afrikanern so umgehen würde? Ist das dein Ernst? Du läufst was das Thema angeht wirklich mit den heftigsten Scheuklappen durch deine Welt. Worüber reden wir hier seit Tagen?

    MattEagle‘s Kumpel: „Jedes Mal, wenn ich vom Klo komme, stehen 70 Kölsch auf dem Tisch!“

  • wo denn, wenn man fragen darf?

    Darfst du. Knappe zwei Jahre UK. Ein Jahr Frankreich, ein Jahr Spanien(11 Monate).
    In allen Ländern habe ich eines gemacht und zwar fast stante pede. Ich habe Fussball gespielt. Das ich nicht eben schlecht war, hat die soziale Akzeptanz gefördert. Witzig war, daß man in England der Meinung war, daß ich so gar
    nicht Deutsch spielen würde, in Frankreich meinte man, daß ich typisch deutsch spielen würde und in Spanien meinte man das gleiche. Das Wort, daß die Spanier und die Franzosen über ihren Deutschen hatten, war "realistisch".


    Mit den Fussballkumpels ergaben sich die sozialen Kontakte ausserhalb der Arbeit wie von selber. Da wurdest du von den einen zum Grillen eingeladen, von den anderen mit in die Kneipe zu gehen und von den dritten, mal mit ins
    Kino zu gehen. Knifflig wurde es einmal in Spanien, als ich bei der Familie meines Captains eingeladen war und dessen Schwester mir - für den Geschmack von Mama und Papa - mir allzu feurige Blicke zu warf. Das haben spanische
    Eltern - gerade aus dem Bürgertum - nicht gerne.
    In England musste ich die üblichen Nazi und Wehrmacht Witze über mich ergehen lassen. Die Engländer liebten das. Und die testeten dich da mit - kann er was vertragen oder nicht. "Höhepunkt" der Veranstaltungen war, als ich bei einer Hochzeit vorgestellt wurde unter "And today here from Germany(dann kam mein Name), also known as retired Hauptmann of the Luftwaffe. Formerly he bombed our cities, today he bombs our bars"....MUHAHA - und alles schüttete sich aus vor Lachen.
    Übrigens - die Hochzeiten in England sind genauso wie sie in dem Film "4 Hochzeiten und ein Todesfall" beschrieben werden. Das sind unfassbare Saufgelage vom Allerübelsten - auch daran muss man sich als Deutscher erst mal
    gewöhnen. Grossartig die Festrede eines "best man" bei einer Hochzeit über seinen Kumpel, den Bräutigam....Also - was bei der Rede alles so auf den Tisch kam, war schon sensationell. Meine Schwester hätte der danach nicht
    mehr geheiratet.


    In Frankreich ist man den Deutschen gegenüber am reserviertesten. Kein Wunder, Spanien war nicht im Krieg mit Deutschland und England war nie besetzt. Frankreich hat es auf die "Jacke bekommen". Erst mal die deutsche Armee vier Jahre in Weltkrieg 1 auf deutschem Boden. In WK 2 die französische Armee schwer geschlagen und dann 4 Jahre Besetzung durch die Deutschen, die sich als Besatzungsmacht nicht von der besten Seite zeigten - gerade bei SS und Gestapo. Die "verordnete" Deutsch - französische Freundschaft ab den 60er Jahren war immer etwas gewollt, immer etwas konstruiert. In Frankreich wurde ich von einigen Leuten im Unternehmen fast ostentativ geschnitten,während ich mit anderen ein richtig gutes Verhältnis bekam(was bis heute gehalten hat).
    Autofahren war so ein Ding - Koelschlenny erwähnte seine Erfahrungen. Sagen wir es mal so, ich pflegte schon immer einen sehr kreativen Fahrstil. In Frankreich - ich hatte ein Auto mit deutschen Nummernschild - verhielt ich mich irgendwann einmal verkehrswidrig. Nicht krass verkehrswidrig, also keine Provokation einer Gefahrenlage, aber nicht den Regeln entsprechend. Alles hupte mich an, blinkte mich an und zeigte mir den Vogel. 4 Wochen später hatte ich fast die identische Aktion, aber schon ein französisches Verkehrszeichen. Reaktion(en): Null.


    Ich habe mich überall eingefunden. In England hat`s am besten geklappt. Das lag zum einen an der Sprache(Englisch Bibelfest) und zum zweiten lag es daran, daß die Engländer sehr schnell kapiert haben, daß ich ihren Humor
    mit gemacht habe. Sie haben zwar vermutet, daß ich nicht alles so grossartig fand, was die mir serviert haben but who the fuck cares?!...In Spanien bin ich sehr gut zurecht gekommen. Spanisch passabel, Job prima, mein Wille etwas zu machen sehr ausgeprägt. In Frankreich ist es mir in den ersten 3 oder 4 Monaten unglaublich schwer gefallen. Mein Französisch ist begrenzt und die Franzosen machten es mir halt nicht leicht.


    Aber ich war stets bemüht, irgendetwas aus der Situation zu machen. Und natürlich fanden die es immer grossartig, wie gut organisiert der Deutsche war und wie viel Einsatz er beim Job, auf dem Fussballplatz und am Tresen
    zeigte. Man muss sich bemühen, dann kann man auch was einfordern.