Natürlich kann man sich nicht 1:1 auf ein EM-Halbfinal-Elfmeterschießen vor 60.000 Leuten in Wembley nach so einem Spiel vorbereiten. Man kann im Training nicht simulieren, wie die Atmosphäre auf einen wirkt, wie das Spiel auf einen wirkt, wie es einen körperlich oder mental mitgenommen hat, weil das Spiel so noch nie gespielt wurde...
...aber man kann Mechanismen trainieren, die einen mental stark machen, die einem Routine geben, die es einem ermöglichen, auch unter noch nie zuvor erlebten Stresssituationen zu funktionieren. Sonst würden keine Soldaten ihren ersten Einsatz überleben. Sonst würde kein Künstler, der regelmäßig mit Lampenfieber auf die Bühne geht, die eigenen Darbietungen vernünftig zu Ende bringen können.
Es geht darum, sich im Kopf von all diesen Einflüssen frei zu machen, weil man durch monate- oder jahrelanges Training eben solche Situationen doch in gewissem Maße geübt hat, weiß, was man zu tun hat, wie man auf den Gegner (den Torwart) zu "reagieren" hat, welche Stärken der besitzt, welche man selbst besitzt, wie man sich zu bewegen und wohin man am besten zu schießen hat.
Und all dies, die eigenen Abläufe, die mentalen Fähigkeiten, sich nicht von außen beeinflussen zu lassen, cool zu bleiben, den Tunnelblick für das Wesentliche zu bekommen, den kann man trainieren, muss man meiner Meinung nach sogar trainieren. Und dann eben die Nerven behalten. Und keine Kunststückchen probieren, sondern einfach "nur" abrufen.
Auf der DFB-Homepage steht, dass statistisch gesehen während des Elfmeterschießens mehr Elfmeter verschossen werden als das im "normalen" Spiel vorkommt. Dass die Trefferquote mit jedem Spieler, der später dran kommt, abnimmt usw. Das sind Sachen, die muss man mit berücksichtigen. Natürlich, weil auch dann der Druck immer mehr zunimmt, aber umso wichtiger ist es, dass hier dann Spieler zum Ball gehen, die diese Coolness mitbringen, die mentale Stärke, die sie teilweise von Natur aus haben, aber sich eben auch durch Training (mental wie körperlich) angeeignet haben.